Leitsatz (amtlich)

1. Zum Erfordernis des Nachweises der Voraussetzungen eines gesetzlichen Erbrechts der um einen Erbschein nachsuchenden Personen (hier: Geschwisterbeziehung zur Erblasserin) im Falle nicht hinreichender Aussagekraft vorgelegter sowie nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffender öffentlicher Urkunden durch - hier vom Senat zur Gewinnung der vollen Überzeugung nicht für ausreichend gehaltene - andere Beweismittel.

2. Eine DNA-Ermittlung zur Aufklärung der Verwandtschaftsverhältnisse kann im Rahmen des Nachlassverfahrens nicht durchgeführt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 2353, 2354 Abs. 1 Nr. 2 a.F., § 2356 Abs. 1 Sätze 1, 2 a.F., § 2358 Abs. 1, 2 a.F., § 2359 a.F.; EGBGB Art. 229; EGBGB § 36; FamFG § 169

 

Verfahrensgang

AG Duisburg-Hamborn (Aktenzeichen 5 VI 443/12)

 

Tenor

Die Beschwerden werden auf Kosten der Beteiligten zurückgewiesen.

Geschäftswert: 600.000,00 EUR

 

Gründe

I. Die Erblasserin hatte keine Kinder; ihr Ehemann und ihre Eltern sind vorverstorben. Ein Testament der Erblasserin liegt nicht vor.

Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten unter dem 26. Januar 2005 (Bl. 68 ff. d. A.) in Verbindung mit dem Schreiben vom 2. August 2005 (Bl. 92 f. d. A.) sowie unter dem 16. August 2012 (Bl. 171 ff. d. A.) Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge, der als Erben ausweist: A.D. zu 1/2-Anteil sowie die Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/4-Anteil.

Sie machen geltend, die Erblasserin habe fünf Geschwister gehabt, darunter die vorverstorbene Mutter der Beteiligten zu 1 und 2, M. M., die nachverstorbene A. D., ferner die vorverstorbenen kinderlosen Geschwister F. E. sowie F. und W. Z.-U. Daraus ergebe sich die beantragte Erbfolge. Vor- und Nachnamen der genannten Personen sowie deren Geburtstage und - orte sind in den vorliegenden Anträgen, Schreiben und Urkunden teilweise abweichend angegeben. Ein Abstammungsnachweis der Erblasserin liegt nicht vor.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 hat das Nachlassgericht die Anträge zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die den Erbscheinsanträgen zugrunde gelegte Erbfolge setze voraus, dass die Erblasserin sowie die vorverstorbene M. M. und die nachverstorbene A. D. dieselben Eltern gehabt hätten. Dies sei durch die vorliegenden Urkunden zur Abstammung der mutmaßlichen Geschwister nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, weil die jeweiligen Eltern darin mit unterschiedlichen Namen sowie Geburtstagen und -orten verzeichnet seien. Dass die Geburtsurkunde der Erblasserin trotz eindeutiger Hinweise nicht beschafft werden könne, erscheine schwer nachvollziehbar.

Dagegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 sowie des Beteiligten zu 3, des Ehemannes der nachverstorbenen A. D. Die Beteiligten machen geltend, das Nachlassgericht habe die angebotenen Beweise nicht ausreichend gewürdigt, naheliegende Erkenntnisquellen zur Abstammung nicht genutzt und das erforderliche Beweismaß unter Verkennung seines Ermessensspielraums unverhältnismäßig verschärft. Dass die Familienverhältnisse wie dargestellt bestünden, ergebe sich - trotz der unterschiedlich beurkundeten Namen - aus einer Gesamtschau. Nach den vorliegenden Urkunden seien die Familiennamen M. und Z. bzw. Z.-U. unzweifelhaft für dieselben Personen verwendet worden. Spanische Familiennamen seien in der Regel aus dem jeweils ersten Nachnamen des Vaters und der Mutter zusammengesetzt, wobei häufig nur einer der beiden Nachnamen verwendet werde. Viele spanische Vornamen hätten eine - in einigen Fällen stark abweichende - Kurzform. Grundsätzlich dürfe man sich darauf verlassen, dass von einer Behörde beurkundete Umstände zuträfen. Das Nachlassgericht habe zudem eidesstattliche Versicherungen der Beteiligten nicht gewürdigt. Soweit das Nachlassgericht davon ausgehe, es gebe Hinweise zu einer Geburtsurkunde, hätte es diese bekanntgeben oder selbst ermitteln müssen. Zu Unrecht habe das Nachlassgericht auch davon abgesehen, Beteiligte bzw. deren Familienangehörige zu vernehmen, wodurch die bestehenden Familienbande hätten bestätigt werden können. Hierzu seien auch Fotos und Briefe vorhanden. Das Nachlassgericht hätte auch die angebotenen Aufgebote sowie eine DNA-Ermittlung in Erwägung ziehen müssen. Nachdem die Beteiligten - letztlich ohne Erfolg - große Anstrengungen unternommen hätten, um die erforderlichen Dokumente zu beschaffen, hätte das Nachlassgericht die vorliegenden Nachweise akzeptieren müssen, um der unverschuldeten Beweisnot zu begegnen. Formal sei zu beanstanden, dass das Nachlassgericht vor Zurückweisung des Antrags hinsichtlich der Tatsachen, auf die es die Ablehnung stütze, kein rechtliches Gehör gewährt habe.

Mit weiterem Beschluss vom 16. Juni 2016 hat das Nachlassgericht den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässigen Beschwerden sind nach d...

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