Leitsatz (amtlich)
1. Im Verwaltungsverfahren auf Feststellung der anzuwendenden Vergütungstabelle gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 VBVG findet der Rechtsgedanke des § 26 FamFG Anwendung.
2. Dementsprechend hat der Vorstand des zuständigen Gerichts die für die Eingruppierung in die Vergütungstabellen des § 8 Abs. 2 VBVG erforderlichen Feststellungen im Ausgangspunkt von Amts wegen zu treffen.
3. Der Amtsermittlungsgrundsatz enthebt den Antragsteller allerdings nicht von der Verpflichtung, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren durch eingehende Tatsachendarstellung und die Beibringung von Nachweisen an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
4. Die Pflicht des Antragstellers zur Mitwirkung und Verfahrensförderung erhöht sich im gleichen Maße, wie die Verwaltungsbehörde auf seine Mitwirkung bei der Sachaufklärung angewiesen ist; das gilt insbesondere in solchen Fällen, in denen Vorgänge aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich der Beteiligten Gegenstand der Ermittlungen sind.
5. Ein antragstellender Rechtsanwalt kann die Voraussetzungen der Vergütungstabelle C. des § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG durch die Vorlage einer Bescheinigung der Rechtsanwaltskammer führen, dass er als Rechtsanwalt zugelassen ist und der Kammer angehört.
Normenkette
FamFG § 26; VBVG § 8 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 1
Tenor
I. Auf den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 13.11.2023 wird der Bescheid des Antragsgegners vom 02.10.2023 - Az. 32-867 - aufgehoben.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller seinem Antrag vom 09.09.2023 entsprechend in seiner Eigenschaft als Berufsbetreuer in der Vergütungstabelle C einzugruppieren, § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III. Geschäftswert: 5.000,00 EUR
Gründe
I. Der Antragsteller ist gemäß Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg - Betreuungsbehörde - vom 28.07.2023 als beruflicher Betreuer nach §§ 23 ff. BtOG registriert.
Am 09.09.2023 hat der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Feststellung über die verbindliche Einstufung für seine Tätigkeit als Berufsbetreuer ab dem 01.01.2023 in die Vergütungsstufe C der Anlage zum Vormünder und Betreuervergütungsgesetz (VBVG, in Kraft seit dem 01.01.2023) beantragt. Er hat mitgeteilt, dass er bisher aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt stets in die höchste Vergütungsstufe eingestuft worden sei. Dem Antrag beigefügt war neben dem Registrierungsbescheid ein Screenshot aus dem Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis https://bravsearch.bea-brak.de/, aus dem sich seine Zulassung als Rechtsanwalt am ...2005 ergibt.
Mit Zwischenverfügung vom 23.09.2023 hat der Antragsgegner dem Antragsteller mitgeteilt, dass für die Feststellung der Vergütungsstufe neben dem Antrag und der Vorlage des Registrierungsbescheids auch ein Nachweis über das absolvierte Studium vorgelegt werden müsse. Beim Betreuungsgericht bereits eingereichte Unterlagen lägen beim Feststellungsverfahren nicht vor.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom selben Tag die Auffassung vertreten, dass aus der Norm des § 8 VBVG keine Ermächtigungsgrundlage zur Anforderung eines Nachweises über ein absolviertes Studium erkennbar sei. Im Übrigen bestehe angesichts seiner Zulassung als Rechtsanwalt kein Zweifel darüber, dass er in Deutschland erfolgreich ein Studium absolviert habe. Als Nachweis ausreichend sei das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer, auf das jeder zugreifen könne. Er bat um die Zustellung eines schriftlichen rechtsmittelfähigen Bescheids. Mit weiterem Schreiben vom 16.10.2023 hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass es ihm ohne Feststellungsbeschluss nicht möglich sei, in den von ihm geführten Betreuungsverfahren Vergütungsanträge zu stellen, so dass Verjährung drohe.
Den geforderten Nachweis über ein absolviertes Studium hat der Antragsteller in der Folgezeit nicht beigebracht.
Mit Bescheid vom 02.10.2023 hat der Antragsgegner den Antrag zurückgewiesen, weil der mit der Zwischenverfügung angeforderte Nachweis über ein absolviertes Studium nicht beigebracht worden sei. Bei dem Einstufungsverfahren gemäß § 8 VBVG handele es sich um ein Antragsverfahren, wobei die für die Bescheidung des Antrags erforderlichen Unterlagen durch den Antragsteller vorzulegen seien. Es bestehe kein Amtsermittlungsgrundsatz. Der Vorstand des Amtsgerichts als zuständiges Organ sei nicht verpflichtet, notwendige Nachweise von Amts wegen zu recherchieren. Im Übrigen seien auch ohne eine Feststellung nach § 8 VBVG Vergütungsanträge an das Betreuungsgericht weiterhin zulässig. Zentraler Bestandteil der Neuregelung des Rechts der beruflichen Betreuer sei die Vereinfachung der Einordnung in eine Vergütungsstufe und damit die Schaffung einer Vergütungsbeständigkeit. Daraus folge keine Verpflichtung für den einzelnen Betreuer zur Teilnahme am Registrierungs- und Feststellungsverfahren. Das Verfahren werde ausschließlich auf Antrag des Betreuers betrieben. Sofern hiervon kein Gebrauch gemacht werde, erfolge die Festsetzung der Ver...