Leitsatz (amtlich)
1. Eine als wirtschaftliche Neugründung anzusehende Mantelverwendung liegt in Abgrenzung zu der Umorganisation oder Sanierung einer noch aktiven GmbH vor, wenn eine GmbH eine "leere Hülse" geworden ist, die kein aktives Unternehmen mehr betreibt.
2. Auf die Wiederverwendung einer unternehmenslos gewordenen GmbH sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden.
3. Außerdem ist die Wiederverwendung des alten Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht offenzulegen. Mit der Offenlegung ist die - am satzungsmäßigen Stammkapital auszurichtende - Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG zu verbinden.
4. Wird die Mantelverwendung nicht offengelegt, ist zu prüfen, ob hinreichend tragfähige Indizien auf eine solche hinweisen.
a) Es ist zu prüfen, ob die Gesellschaft im Augenblick ihrer "Wiederbelebung" noch ein Unternehmen betrieb oder bereits tatsächlich stillgelegt war.
b) Von einer Inaktivität ist dann ausgehen, wenn die GmbH keine Tätigkeit entfaltet, welche über die bloße Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen hinausgeht.
c) Dabei deuten eintragungspflichtige Abänderungen des Gesellschaftsvertrages wie die Änderung des Unternehmensgegenstandes, die Neufassung der Firma, die Sitzverlegung, die Bestellung eines neuen Geschäftsführers sowie eine Veräußerung der Geschäftsanteile typischerweise (aber nicht notwendig) auf eine Mantelverwendung hin.
d) Hingegen ist alleine ein Gesellschafterwechsel oder eine vorangegangene Vermögenslosigkeit der Gesellschaft unverdächtig.
Normenkette
GmbHG § 9c Abs. 1 S. 1, § 57a
Verfahrensgang
AG Duisburg (Aktenzeichen HRB 35011/HA) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg - Richter - vom 26.10.2023 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beteiligte begehrt die Eintragung von am 05.06.2023 beschlossenen Satzungsänderungen in das Handelsregister.
Die im Rubrum näher bezeichnete Gesellschaft ist aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 28.12.2021 seit dem 21.02.2022 mit einem Stammkapital von 25.000 EUR in das Handelsregister eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war E.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 05.06.2023 bestellte dieser den Beteiligten zum (weiteren) einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer und änderte die inländische Geschäftsanschrift. Die Eintragung dieser Umstände in das Handelsregister erfolgte aufgrund der durch den Verfahrensbevollmächtigten eingereichten Anmeldung vom 17.05.2023 am 13.07.2023.
Ebenfalls am 05.06.2023 erschienen E und der Beteiligte bei dem Verfahrensbevollmächtigten und ließen eine vierteilige Urkunde (UVZ-Nr. 528/2023 des Notars Dr. K.) aufnehmen:
Unter I. "Vorbemerkungen" findet sich u.a. eine Beschreibung des Geschäftsanteils, der als Kaufgegenstand definiert wird. Dort findet sich die Bemerkung: "Das Stammkapital ist aufgebraucht".
Unter II. "Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag" ist bestimmt, dass der Beteiligte von E den einzigen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 25.000 EUR zum Preis von 3.000 EUR in bar kauft. Die Abtretung des Geschäftsanteils erfolgt aufschiebend bedingt durch die vollständige Kaufpreiszahlung.
Unter III. "Kapitalerhöhung" ist eine Gesellschafterversammlung beurkundet, wonach die Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft im Wege der Barkapitalerhöhung durch Schaffung eines neuen Geschäftsanteils Nr. 2 im Nennbetrag von 25.000 EUR auf 50.000 EUR beschlossen wird. Weiter ist bestimmt, dass der Geschäftsanteil i.H. von 50% zu erbringen ist und dass zu dessen Übernahme der Gesellschafter F zugelassen wird. Ebenso ist die Übernahmeerklärung des F, des Beteiligten, hinsichtlich des Geschäftsanteils Nr. 2 beurkundet.
Unter IV. "Satzungsänderung" sind die Änderung der Firma in "KAF Performance GmbH" (§ 1 Nr. 1 der Satzung), eine Erweiterung des Unternehmensgegenstands (§ 2 Nr. 2 der Satzung) sowie die mit der Geschäftsanteilsveräußerung und Kapitalerhöhung verbundenen Änderungen zum Stammkapital (§ 3 Nr. 1 und Nr. 2 der Satzung) beschlossen.
Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat die Anmeldung der genannten Satzungsänderungen des Beteiligten vom 05.06.2023 unter dem 07.07.2023 beim Registergericht zur Eintragung in das Handelsregister eingereicht.
Mit formloser Zwischenverfügung vom 11.07.2023 hat das Registergericht mitgeteilt, dass der Anmeldung noch nicht entsprochen werden könne. Zum einen fehle die Versicherungserklärung zur Kapitalaufbringung (§ 57 Abs. 2 GmbHG). Die Angabe, dass das ursprüngliche Stammkapital aufgebraucht sei, deute im Zusammenhang mit den angemeldeten Änderungen (Firma, Unternehmensgegenstand, Geschäftsführung) darauf hin, dass der Anmeldung ein sog. Mantelkauf zugrunde liege. In diesem Fall hätten die aktuellen Gesellschafter, bezogen auf das satzungsmäßige Stammkapital, die in den §§ 5, 7 GmbHG bestimmten Pflichten zur Kapitalaufbringung zu erfüllen. Sämtlich...