Leitsatz (amtlich)
Ein gelernter Dachdeckergeselle kann auf den Beruf eines Rettungsassistenten verwiesen werden, denn dieser ist seiner bisherigen Lebensstellung vergleichbar gem. § 2 Abs. 1 BUZ. Unter "Beruf" ist die Erwerbstätigkeit des Versicherten in eben der konkreten Ausgestaltung zu verstehen, durch die der Versicherte sein Einkommen bei Eintritt des Versicherungsfalles erzielt hat und die Grundlage seiner Lebensstellung bis dahin gewesen ist. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Vergütung sind Zulagen zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig und verlässlich gezahlt werden und dadurch die Einkommenssituation und somit auch die Lebensstellung prägen. Geringe Einkommensverluste und Abweichungen bei der Arbeitszeit und deren Verteilung sind in zumutbarem Umfang vom Versicherungsnehmer hinzunehmen.
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 6 O 145/16) |
Tenor
Der auf den 6. November 2018 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 16.988,66 festgesetzt.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Zwischen den Parteien steht allein im Streit, ob die vom Kläger nunmehr ausgeübte Tätigkeit als seit Juli 2008 beim Kreis K. angestellter Rettungsassistent seiner bei Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Tätigkeit als Dachdeckergeselle in Bezug auf seine "bisherige Lebensstellung" entspricht. Denn die Beklagte, die bis zum März 2016 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erbracht hatte, hatte nach Anerkennung ihrer Leistungspflicht sowie der Zahlung einer monatlichen Rente iHv EUR 348,08 unter gleichzeitiger Befreiung von der Pflicht zur Zahlung der monatlichen Prämien iHv EUR 70,36 seit dem Jahr 2006 ihre Leistungen zum 1. April 2016 eingestellt und sich im Zuge einer Nachprüfung gemäß § 7 Abs. 1 BUZ-BB (GA 30) darauf berufen, dass der Kläger eine andere Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 BUZ-BB ausübt.
2. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der vom Kläger nun ausgeübte Beruf des Rettungsassistenten der bisherigen Lebensstellung als Dachdeckergeselle entspricht. Dem schließt der Senat sich an.
a. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach § 2 Abs. 1 der Bedingungen der Beklagten nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung des Versicherungsnehmers entspricht. Die bisherige Lebensstellung wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - IV ZR 11/16, Rz. 10 mwN; vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08). Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, aaO).
aa. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass eine Tätigkeit als Rettungsassistent keine geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten als die eines Dachdeckergesellen erfordert, denn beide Berufe bedingen eine qualifizierte Ausbildung. Zu Recht hat das Landgericht weiter darauf hingewiesen, dass die soziale Wertschätzung eines Rettungsassistenten jedenfalls nicht unter der eines Dachdeckergesellen liegen dürfte. Dem ist der Kläger in der Berufungsbegründung nicht entgegengetreten.
bb. Unterschiedliche Auffassungen vertreten die Parteien hinsichtlich der Berechnung der Vergütung (ob einerseits ein Gehalt als Dachdeckerfachgeselle und ob andererseits bei der Vergütung des Klägers als Rettungsassistent die an ihn gezahlten Zulagen zu berücksichtigen sind) und wie die vom Kläger nun zu leistenden Arbeitszeiten zu berücksichtigen sind und möglicherweise einer Verweisung entgegenstehen. Diese Streitfragen sind jedoc...