Leitsatz (amtlich)
1. Allein die Gefahr des Erwerbs geringer Betäubungsmittelmengen zum Eigenkonsum kann eine Unterbringung nach § 64 StGB nicht rechtfertigen.
2. Nach der gesetzlichen Wertung des § 29 Abs. 5 BtMG wiegt die Einfuhr nicht wesentlich schwerer als andere Erwerbsformen.
Tenor
1.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten mit Anklageschrift vom 28. Oktober 2010 (StA Wuppertal 326 Js 1452/10) Erschleichen von Leistungen zur Last gelegt worden ist. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens der Staatskasse zur Last. Jedoch wird insoweit davon abgesehen, der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen.
2.
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils wird dahin berichtigt, dass der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln und versuchten Betruges verurteilt ist. Der den ersten Fall betreffende Zusatz "begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit" entfällt.
3.
Der Einziehungsanordnung wird dahin ergänzt, dass es sich bei den eingezogenen Betäubungsmitteln um 1,6 Gramm Marihuana handelt.
4.
Das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch und im Ausspruch über, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten, der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Solingen - Jugendschöffengericht - zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Solingen - Jugendschöffengericht - hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, Erschleichens von Leistungen und versuchten Betruges zu einer Jugendstrafe (gemeint: Einheitsjugendstrafe) von sechs Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und die sichergestellten Betäubungsmittel eingezogen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte (Sprung-) Revision des Angeklagten, die sich auf die Sachrüge stützt.
II.
Der Senat wertet die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch, unter Berücksichtigung der Einzelausführungen dahin, dass der Angeklagte den Strafausspruch und den Ausspruch über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, nicht aber auch die Einziehungsanordnung angreift. Denn Einwendungen gegen die auf § 33 Abs. 2 BtMG gestützte Einziehungsanordnung sind nicht ersichtlich, zumal der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Rechtskraft erwachsen ist.
Das in diesem Sinne beschränkte Rechtsmittel ist begründet.
1.
Soweit dem Angeklagten mit Anklageschrift vom 28. Oktober 201 0 (StA Wuppertal 326 Js 1452/10) Erschleichen von Leistungen zur Last gelegt worden ist, unterliegt das Verfahren der Einstellung, weil es im Hinblick auf diesen Anklagevorwurf an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses fehlt.
Dieses Verfahrenshindernis ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Die horizontale Teilrechtskraft, die durch die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch eingetreten ist, steht der Berücksichtigung des Verfahrenshindernisses nicht entgegen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Verfahren ohne Rücksicht auf eingetretene Teilrechtskraft insoweit einzustellen ist, als sich das Vorhandensein des Verfahrenshindernisses auswirkt (vgl. BGHSt 21, 242, 243; OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, NStZ-RR 1999,306; Meyer-Goßner, StPO, 54.Aufl., Einl. Rdn. 151 m.w.N.).
Soweit das Amtsgericht Solingen das Verfahren StA Wuppertal 326 Js 1452/10 durch Beschluss vom 24. Januar 2011 mit dem bereits eröffneten Verfahren StA Wuppertal, 10 Js 295/10 verbunden hat, kommt diesem Verbindungsbeschluss nicht die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zu. Dies wäre nur dann der FaII, wenn das Amtsgericht, hierbei die Eröffnungsvoraussetzungen erkennbar geprüft hätte, wenn also dem Verbindungsbeschluss eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Tatrichters, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO. zuzulassen, unter gleichzeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts entnommen werden könnte (vgl. Senat NStZ-RR 2011, 105; OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, NStZ-RR 2000, 114; StV 1983, 408, 409; BGH NStZ 1987, 239). Diesen Anforderungen wird der Verbindungsbeschluss vom 24. Januar 2011 nicht gerecht. Dort wird die Anklage vom 28. Oktober 2010, die inzidenter zur Hauptverhandlung hätte zugelassen werden können, nicht einmal erwähnt.
Mangels erkennbarer Prüfung, der Eröffnungsvoraussetzungen kann auch dem Beschluss vom 25. Februar 2011, mit dem das führende Verfahren StA Wuppertal 10 Js 295/10 (und damit auch das verbundene Verfahren StA Wuppertal 326 Js 1452/10) an das Jugendschöffengericht abgegeben wurde, nicht die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses beigemessen werden.
Einer Aufhebung des Schuldspruchs wegen Erschleichens von Leistungen bedarf es nicht, da das angefochtene Urteil im Umfang der Einstellung des Ver...