Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt der Nebenklägervertreter in einem Verfahren, in dem mehrere selbständige prozessuale Taten verhandelt werden, die nicht alle zum Anschluss als Nebenkläger berechtigen, an sämtlichen Hauptverhandlungstagen teil, so sind die dadurch entstandenen Terminsgebühren auch hinsichtlich derjenigen Verhandlungstage, an denen das Nebenklagedelikt nicht Gegenstand der Hauptverhandlung war, als notwendige Auslagen erstattungsfähig, wenn die Taten einen inneren Zusammenhang aufweisen, der es nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass die Interessen des Nebenklägers auch in den ihn nicht unmittelbar betreffenden Verhandlungsabschnitten tangiert werden.
2. Bei Rahmenterminsgebühren kann die Bestimmung der Mittelgebühr trotz einer unterdurchschnittlichen Dauer der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht von weniger als einer Stunde noch der Billigkeit entsprechen, wenn der geringe Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durch die überdurchschnittliche Relevanz der übrigen Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG kompensiert wird.
Normenkette
RVG § 53 Abs. 2, § 14 Abs. 1; StPO § 397 Abs. 2, § 464a Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Entscheidung vom 18.07.2011; Aktenzeichen 27 Ks 4/08) |
StA Mönchengladbach (Entscheidung vom 28.03.2011; Aktenzeichen 502 Js 1222/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die der Rechtsanwältin H. aus M. als Nebenklägervertreterin insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen dem Verurteilten zur Last.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 28. März 2011 hat das Landgericht - Schwurgericht - Mönchengladbach den Beschwerdeführer unter Freisprechung im Übrigen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen, schwerer Körperverletzung in einem Fall, fahrlässiger Tötung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, von der elf Monate zur Kompensation rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen für bereits vollstreckt erklärt worden sind. Das Urteil ist rechtskräftig.
Nach den Feststellungen bekleidete der Verurteilte seit dem 1. Januar 2006 gleichzeitig die Funktionen des Geschäftsführers, des Verwaltungsleiters und des Chefarztes der chirurgischen Abteilung des A.-Krankenhauses in W. Nicht zuletzt aufgrund einer dadurch bedingten Überforderung traf der Verurteilte bei der Behandlung seiner Patienten zahlreiche, mitunter gravierende medizinische Fehlentscheidungen, die zu der genannten Verurteilung geführt haben. So war er beispielsweise davon überzeugt, dass frisch gepresster Zitronensaft, der unter nicht sterilen Bedingungen gewonnen worden war, ein geeignetes Mittel zur Behandlung von Wundheilungsstörungen sei. Insbesondere im Falle schlecht heilender Operationswunden führte der Verurteilte daher bei zahlreichen Patienten Wundspülungen durch, ohne zuvor über den Einsatz des Zitronensaftes aufgeklärt zu haben. Zudem verstarben zumindest vier Patienten aufgrund anderweitiger Behandlungsfehler, die der Verurteilte zu verantworten hatte. Weitere vier Patienten verstarben, ohne dass sich eine Ursächlichkeit der insoweit festgestellten Behandlungsfehler für den Eintritt des Todes nachweisen ließ.
Die der Verurteilung vorangegangene Hauptverhandlung erstreckte sich über insgesamt 38 Termine im Zeitraum vom 17. September 2009 bis zum 28. März 2011. Dabei folgte die Beweisaufnahme einem von der Strafkammer festgelegten Verhandlungsplan, der den Verfahrensbeteiligten rechtzeitig bekannt gegeben wurde. Danach wurden die verfahrensgegenständlichen Behandlungsfehler des Verurteilten grundsätzlich jeweils getrennt nach Patienten zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht, so dass diese in mehrere eigenständige Einzelvorgänge aufgeteilt war und daher die einzelnen Geschädigten nicht zugleich, sondern grundsätzlich nur nacheinander betraf. Am 36. Hauptverhandlungstag legte der Verurteilte ein Geständnis ab, nachdem die Kammer den Verfahrensbeteiligten im Termin zuvor aufgrund der Ergebnisse der bis dahin durchgeführten Beweisaufnahme rechtliche Hinweise erteilt hatte. Für die Plädoyers und die Urteilsverkündung wurde anschließend noch jeweils ein gesonderter Hauptverhandlungstermin anberaumt. Während an insgesamt sechs Tagen länger als fünf Stunden verhandelt wurde, dauerte die Hauptverhandlung an elf anderen Tagen jeweils einschließlich etwaiger Pausen weniger als eine Stunde an. Im Übrigen bewegte sich die Verhandlungsdauer an den einzelnen Sitzungstagen - wiederum einschließlich etwaiger Pausen - zwischen einer Stunde sieben Minuten und vier Stunden.
Einige der hinterbliebenen Angehörigen verstorbener Patienten schlossen sich dem Verfahren als Nebenkläger an. Insoweit bestimmt das Urteil vom 28. März 2011, dass der Verurteilte die den Nebenklägern entstandenen Auslagen zu tragen hat. Die am vorliegenden Beschwerdeverfahren beteiligte Nebenklägervertreterin war...