Leitsatz (amtlich)
Die Gebühr des § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist auf die Gebühr des VV 3100 zum RVG anzurechnen.
Normenkette
BRAGO § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; RVG § 2 Abs. 2, § 61 Abs. 1; RVG-VV Nrn. 3100, 3307
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 24.03.2005; Aktenzeichen 3 O 253/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Zivilkammer des LG Duisburg - Rechtspflegerin - vom 24.3.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 143,37 EUR.
Gründe
Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses der Rechtspflegerin vom 1.4.2005 in der Sache keinen Erfolg.
1. Gegen die Klägerin sind bereits mehr Kosten festgesetzt worden, als ihr nach der Sach- und Rechtslage zustehen. Denn für das Mahnverfahren ist die Rechtspflegerin von einem überhöhten Streitwert ausgegangen. Nicht 8.828,40 EUR, sondern nur 7.591,84 EUR hätten der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt werden dürfen. Gemäß § 4 Abs. 1, 2. Hs. ZPO bleiben Zinsen unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderung geltend gemacht werden. Dies ist nach allgemeiner Meinung in dem Sinne zu verstehen, dass Zinsen nicht als Hauptforderung verlangt werden können, wenn sie als Verzugsschaden neben einer Hauptforderung eingeklagt werden. Dies kann der Gläubiger nicht dadurch umgehen, dass er die Zinsen beziffert einklagt oder in die Hauptforderung einrechnet. Anders liegt der Fall, wenn Zinsen einer erledigten Hauptforderung neben einer anderen Hauptforderung eingeklagt werden (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 4 Rz. 11, m.w.N.)
Im Streitfall hat die Klägerin mit dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheides Verzugszinsen i.H.v. 1.236,56 EUR für die Zeit vom 14.11.2001 bis 27.5.2003 verlangt. Dafür, dass dieser Betrag von der Hauptforderung von 7.331,27 EUR unabhängig war, ist nichts ersichtlich, zumal nach der regelmäßig vereinbarten und der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge (§ 367 BGB) Zinsen vor der Hauptforderung getilgt werden.
Dementsprechend hätte die Wertfestsetzung für das Mahnverfahren erfolgen müssen. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung, weil gegen die Klägerin jedenfalls höhere Kosten als geschehen nicht festzusetzen sind.
2. Zu Recht hat die Rechtspflegerin die den Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten erwachsene Widerspruchsgebühr nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO auf die später im streitigen Verfahren entstandene Verfahrensgebühr des VV 3100 zu § 2 Abs. 2 RVG angerechnet.
a) Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass gem. § 61 Abs. 1 RVG die Rechtsanwaltskosten für das Mahnverfahren nach der BRAGO, hingegen diejenigen für das streitige Verfahren nach dem RVG, in Kraft seit 1.7.2004, abzurechnen sind. Denn die Beklagte hat ihre Verfahrensbevollmächtigten vor dem Stichtag mit der Erhebung des Widerspruchs beauftragt, mit der Verteidigung im Rechtsstreit dagegen erst nach dem 30.6.2004.
Mahnverfahren und streitiges Verfahren sind gem. § 17 Nr. 2 RVG verschiedene Angelegenheiten mit der Folge, dass sie jeweils gesondert abzurechnen sind. Diese Klarstellung ist in das RVG aufgenommen worden (Hartung/Römermann, RVG, § 17 Rz. 10) Das war zuvor aber nicht nur für den Bezirk des OLG Düsseldorf herrschende Auffassung, sondern wurde auch sonst überwiegend vertreten(OLG Düsseldorf v. 3.8.2000 - 10 W 57/00, OLGReport Düsseldorf 2000, 480 [481] = Rpfleger 2000, 566, m.w.N.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 43 Rz. 11; a.A. KG v. 8.2.2000 - 1 W 9657/98, MDR 2000, 604 = KGReport Berlin 2000, 267 = Rpfleger 2000, 238, m.w.N.). Im Übrigen kann auch dies zugunsten der Beklagten angenommen werden, die durch eine abweichende Auffassung nicht beschwert wäre.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte jedoch gegen die Anrechnung der nach altem Recht entstandenen Gebühr des § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (Widerspruchsgebühr) auf die Verfahrensgebühr nach VV 3100 zu § 2 Abs. 2 RVG.
Zwar enthält das RVG keine Regelung der Frage, ob nach der BRAGO entstandene und anzurechende Gebühren auch auf Gebühren nach dem RVG anzurechnen sind. Insbesondere findet sich darauf in den Übergangsbestimmungen der §§ 60, 61 RVG kein Hinweis. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Anrechnung der Widerspruchsgebühr des Mahnverfahrens auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits ausgeschlossen ist. Das Gegenteil ist der Fall:
Ausgangspunkt der Überlegungen ist § 43 Abs. 2 BRAGO, der u.a. die Anrechnung der Widerspruchsgebühr nach Abs. 1 Nr. 2 auf die "Prozessgebühr ..., die der Rechtsanwalt in dem nachfolgenden Rechtsstreit erhält," vorschreibt. Da den Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten der Auftrag zu Erhebung des Widerspruchs vor dem 1.7.2004 erteilt worden ist, gilt das Anrechnungsgebot nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 S. 1 RVG fort.
Zwar kennt § 2 Abs. 2 i.V.m. VV 3100 RVG für das streitige Verfahren eine "Prozessgebühr" nicht mehr, sondern nur noch die "Verfahrensgebühr". Daraus ist entgegen der Auffassung der Be...