Leitsatz (amtlich)
Eigentümerbeschlüsse, die unklar und mehrdeutig sind und deren Inhalt allenfalls im Wege der Auslegung festzustellen wäre (hier: unklares Verhältnis der beschlossenen Sanierungsbeauftragung, Gutachtenerstellung und Klageerhebung), widersprechen dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung und sind auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 T 493/06) |
AG Ratingen (Aktenzeichen 40 II 83/05 WEG-10) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung und der Beschluss des AG vom 9.5.2006 werden geändert.
Die auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 29.9.2005 zu TOP 2 gefassten Beschlüsse - Erstellung eines Sachverständigengutachtens, Vorgehen gegen die Firma S., Vorgehen gegen Frau G.- werden für ungültig erklärt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens - aller drei Rechtszüge - werden den Beteiligten zu 3. auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Geschäftswert: 5.000 EUR.
Gründe
I. Auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 29.9.2005 wurde zu TOP 2 mit Stimmenmehrheit folgendes beschlossen:
"Es wurde einstimmig wie folgt beschlossen:
Ein Bausachverständiger des TÜV-Rheinland wird über die Mängel am Balkon Trudslev - Bachmann/Deutsch und an der Tiefgaragenzufahrt ein Gutachten erstellen.
Die Firma S. wird letztmalig - mit Fristsetzung - zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Sollte die Frist verstreichen, wird durch die Rechtsanwältin K. gegen die Firma S. eine entsprechende Klage eingereicht und die Sanierung des Balkons in Auftrag gegeben.
Ebenfalls wird dann gegen Frau N. G. u.a. wegen Verzögerung der Angelegenheit geklagt. Die Rechtsanwältin wird die Klage formulieren und einreichen."
Die Sitzungsniederschrift über die Eigentümerversammlung verzeichnet außer den vorgenannten Beschlussfassungen lediglich zu TOP 1 die Feststellung der Beschlussfähigkeit und zu TOP 3 die Erörterung von "Verschiedenes".
Mit am 28.10.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beteiligten zu 1. und 2. die zu TOP 2 gefassten Beschlüsse angefochten, und zwar beide die Beschlussfassung über das Vorgehen gegen Frau G. und die Beteiligte zu 2. darüber hinaus die Beschlussfassung über die Gutachtenerstellung und das Vorgehen gegen die Firma S..
Diese Anfechtungsanträge hat das AG mit Beschluss vom 9.5.2006 zurückgewiesen, weil sie sich infolge späterer, am 15.12.2005 gefasster Beschlüsse erledigt hätten. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. hiergegen hat das LG durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen und dies - im Einzelnen näher ausgeführt - damit begründet, die zu TOP 2 gefassten Beschlüsse seien gültig, weil keiner der von den Beteiligten zu 1. und 2. zur Begründung der Ungültigkeit vorgetragenen Gründe sich als durchgreifend erweise.
Gegen die Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgen. Die Beteiligten zu 3. und 4. treten dem Rechtsmittel entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte und der beigezogenen Akte des Verfahrens 40 II 2/06 WEG-8 - AG Ratingen = 25 T 224/07 LG Düsseldorf Bezug genommen.
II. Das gem. §§ 62 Abs. 1 WEG, 45 Abs. 1 WEG a.F., §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 29 FGG als sofortige weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. und 2. hat auch in der Sache Erfolg. Die - rechtzeitig, § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F. (die hier noch Anwendung findet) - angefochtenen Beschlüsse sind aus einem vom LG nicht behandelten rechtlichen Gesichtspunkt (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO) jedenfalls für ungültig zu erklären.
Der den Wohnungseigentümern durch § 21 Abs. 3 WEG (a. und n.F.) eröffnete Spielraum einer Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss findet seine Grenze im Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung. Hierzu gehört, dass Beschlüsse so klar und unmissverständlich abzufassen sind, dass Auseinandersetzungen über ihren Inhalt tunlichst vermieden werden. Dementsprechend sind Beschlüsse bereits dann auf Anfechtungsantrag hin für ungültig zu erklären, wenn sie unklar und mehrdeutig sind und ihr Inhalt allenfalls im Wege der Auslegung festzustellen wäre. Darauf, ob sie derart unbestimmt sind, dass sie eine durchführbare Regelung überhaupt nicht mehr erkennen lassen, kommt es für die Frage der Anfechtbarkeit und Ungültigkeit nicht an; liegt sogar die vorerwähnte gesteigerte Unbestimmtheit vor - etwa bei einem in sich widersprüchlichen oder hinsichtlich seiner Vollziehbarkeit nicht mehr erkennbaren Beschluss -, führt dies allerdings zur Nichtigkeit des Beschlusses, die unabhängig von einem Anfechtungsantrag zu beachten ist (statt aller: Staudinger/Bub, BGB, 13. Bearb. 2005, § 21 Rdrn. 88 und § 23 Rz. 256 f. m. umfangr. Nachw.).
Nach diesen Grundsätzen sind die drei zu TOP 2 der hier in Rede stehenden Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse in ihrer Gesamtheit jedenfalls in einem zu ihrer U...