Leitsatz (amtlich)
Untätigkeitsbeschwerde als außerordentlicher Rechtsbehelf, Ausnahme von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit der Terminsbestimmung,
1. Die sog. Untätigkeitsbeschwerde findet als außerordentlicher Rechtsbehelf nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO statt, wenn Anlass für die Annahme besteht, dass eine vom Beschwerdeführer darzulegende, sachlich nicht zu rechtfertigende Untätigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zu einem der Rechtsverweigerung gleichkommenden Verfahrensstillstand führt.
2. Die durch § 216 Abs. 1 ZPO in das Ermessen des Vorsitzenden des jeweiligen Spruchkörpers gestellte Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ist grundsätzlich unanfechtbar. In Anlehnung an die für die Untätigkeitsbeschwerde geltenden Grundsätze ist eine außerordentliche Beschwerde entsprechend § 252 ZPO oder unmittelbar aus § 567 ZPO in den Fällen zulässig, in denen durch eine unangemessen weit hinausgeschobenen Terminierung faktisch ein Verfahrensstillstand herbeigeführt wird, der einer Rechtsschutzverweigerung gleichkommt.
3. Erst wenn die Terminierungspraxis eines Spruchkörpers dazu führt, dass der Rechtsschutz durch Zeitablauf in einer Weise verkürzt wird, für deren Rechtfertigung jede vernünftige Grundlage fehlt, ist der Justizgewährungsanspruch in einer Weise tangiert, die nicht mehr hingenommen werden kann und deshalb der Anfechtung durch die betroffene Partei zugänglich sein muss.
Normenkette
ZPO § 216 Abs. 1, §§ 252, 272 Abs. 3, § § 567 ff.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 35 O 75/08) |
Tenor
Auf die Untätigkeitsbeschwerde der Verfügungsklägerin vom 2.9.2008 wird der Vorsitzende der 5. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf angewiesen, unverzüglich die Zustellung der Antragsschrift der Verfügungsklägerin vom 11.7.2008 nebst Anlagen an die Verfügungsbeklagte zu veranlassen.
Im Übrigen wird das Rechtsmittel verworfen.
Die im Beschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten werden nicht erhoben. Von den im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten tragen die Verfügungsklägerin 80 % und die Verfügungsbeklagte 20 %.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin hat mit einem am 15.7.2008 beim LG eingegangenen Schriftsatz vom 11.7.2008 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte beantragt, mit der sie die Eintragung mehrerer Vormerkungen zur Sicherung entsprechender Ansprüche auf Eintragung von Handwerkersicherungshypotheken nach § 648 BGB wegen angeblicher Werklohnansprüche i.H.v. insgesamt 20.141.758,07 EUR brutto begehrt. Darüber hinaus betreibt sie mit dem Verfügungsantrag den Erlass eines vorläufigen Veräußerungsverbots betreffend die im Antragsschriftsatz näher bezeichneten Grundstücke. Dieserhalb hatte die Verfügungsbeklagte bereits unter dem 10.4.2008 eine Schutzschrift beim LG Düsseldorf eingereicht (BeiA: LG Düsseldorf - 35 Schutzschr. 2/07). Mit Schriftsatz vom 18.6.2008 und 18.7.2008 hat sie auf eine Schutzschrift vom 27.3.2008 verwiesen.
Durch Beschluss vom 16.7.2008 ordnete der Vorsitzende der zuständigen 5. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf an, dass über den Antrag der Verfügungsklägerin nicht ohne mündliche Verhandlung entschieden werden solle. Eine Terminierung erfolgte zunächst nicht. Mit Telefaxschreiben vom 22.7.2008 beantragte die Verfügungsklägerin die kurzfristige Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Hierzu verfügte der Stellvertreter des in der Zeit vom 17.7.2008 bis zum 15.8.2008 erkrankten Vorsitzenden der 5. Kammer für Handelssachen am 28.7.2008, dass die Sache dem "o. D. nach Rückkehr" wieder vorgelegt werden solle. Zugleich ließ er den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsklägerin mitteilen, dass ein Termin noch anberaumt werde. Mit einem am 26.8.2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 22.8.2008 bat die Verfügungsklägerin um sofortige Zustellung der Antragsschrift an die Verfügungsbeklagte und Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 28.8.2008 richtete sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des LG Düsseldorf. Bereits durch einen der Verfügungsklägerin am 2.9.2008 zugestellten Beschluss vom 25.8.2008 bestimmte der Vorsitzende der 5. Kammer für Handelssachen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11.11.2008. Eine Zustellung der Antragsschrift nebst Anlagen ist bisher nicht erfolgt. Der Vorsitzende der 5. Kammer für Handelssachen ist seit dem 9.9.2005 erneut erkrankt und wird frühestens am 13.10.2008 wieder seinen Dienst antreten können.
Wegen der nach ihrer Auffassung unzumutbaren Verzögerung des auf Erlass einer dringend benötigten einstweiligen Verfügung gerichteten Eilverfahrens hat die Verfügungsklägerin mit einem am 5.9.2008 beim OLG eingegangenen Schriftsatz vom 2.9.2008 Untätigkeitsbeschwerde eingelegt und beantragt, das LG Düsseldorf anzuweisen, in dem einstweiligen Verfügungsverfahren, Aktenzeichen 35 O 75/08, einen kurzfristigen Termin, spätestens innerhalb der nächsten zwei Wochen, zur mündlichen Ve...