Verfahrensgang
Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur (Beschluss vom 17.06.2014; Aktenzeichen BK9-11/8014) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen vom 17.07.2014 wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 17.06.2014, BK9-11/8014, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung neu zu bescheiden. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene zu 77 % und die Bundesnetzagentur zu 23 %.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR ... festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Betroffene ist Betreiberin eines Gasverteilernetzes.
Mit dem angegriffenen Bescheid vom 17.06.2014 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode fest. Dabei setzte sie bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr 2010 aktiviert wurden, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens im Rahmen der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV unter Berufung auf den Grundsatz der Bilanzidentität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit Null an. Die kalkulatorische Gewerbesteuer errechnete die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Wege der "Vom-Hundert"-Rechnung.
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.
Die Betroffene ist der Ansicht, die Festlegung der Erlösobergrenzen sei schon insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur im Rahmen der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung entgegen der Vorgaben der §§ 6, 7 GasNEV, § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG kalkulatorische Restwerte von Neuanlagen, welche im Basisjahr aktiviert worden seien, bei der Mittelwertbildung den Jahresanfangsbestand mit Null und nicht entsprechend § 6 Abs. 5 Sätze 3, 4 GasNEV in Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz gebracht habe. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Beschluss vom 27.05.2015, VI- 3 Kart 115/14 (V), von der Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise aus.
Die Bundesnetzagentur habe außerdem die kalkulatorische Gewerbesteuer unter Verstoß gegen §§ 8 GasNEV, 21 Abs. 1, 2 EnWG fehlerhaft berechnet, indem sie - rechnerisch fehlerhaft - eine "Vom-Hundert"-Rechnung vorgenommen habe. Sinn und Zweck von § 8 GasNEV sei, dass der Netzbetreiber aus der regulatorisch zugestandenen Eigenkapitalverzinsung als Gewerbeertrag keine Gewerbesteuer finanzieren müsse. Dies folge auch aus der Ratio der §§ 7, 8 GasNEV sowie § 21 Abs. 2 EnWG, wonach die Rendite einer Netzinvestition nicht hinter der Rendite einer Alternativanlage am Kapitalmarkt zurückbleiben dürfen. Da § 7 GasNEV die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftsteuer darstelle, sei die Gewerbesteuer daher anhand der so genannten "Im-Hundert"-Rechnung zu ermitteln. Nur so werde gewährleistet, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im vollen Umfang erhalten bleibe und das in der GasNEV hinsichtlich der Altanlagen verankerte Prinzip der Nettosubstanzerhaltung nicht vereitelt werde. Mit ihrem Berechnungsansatz setze sich die Bundesnetzagentur auch in Widerspruch zu ihrem methodischen Vorgehen bei der Bestimmung der Eigenkapitalzinssätze (Festlegung vom 31.10.2011, BK4-11-304), bei der sie die Nachsteuerformel zur Ermittlung eines Zinssatzes vor Körperschaftssteuer zugrunde gelegt habe. Die spezielle Regelung des § 8 GasNEV bezwecke indes keine Schlechterstellung der Gewerbesteuer, sondern solle lediglich die Berücksichtigung regionaler Unterschiede beim Gewerbesteuerhebesatz gewährleisten. Bei Anwendung der Nachsteuerformel ergebe sich eine um EUR ... höhere kalkulatorische Gewerbesteuer.
Die Betroffene beantragt, die Bundesnetzagentur unter Aufhebung des Beschlusses vom 17.06.2014, BK9-11/8014, zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.
Die Bundesnetzagentur beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Ansatz eines Jahresanfangsbestandes von Null für im Basisjahr 2010 angeschaffte Neuanlagen bei der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV sei nicht zu beanstanden. Die gegenteilige Auffassung der Betroffenen stehe im Widerspruch zu § 7 GasNEV und sei auch mit dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 5 GasNEV unvereinbar.
Gegen die Auffassung der Betroffenen, eine unterjährig angeschaffte bzw. aktivierte Neuanlage bereits zum Jahresanfang mit dem vollen Anschaffungspreis zu berücksichtigen, spreche bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Unter dem dort verwendeten und nicht näher definierten Begriff "Jahresanfangsbestand" sei der Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäft...