Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtskraftwirkung und zur Anerkennung des Urteils eines belgischen Gerichts über Ansprüche, die ein in einem deutschen Insolvenzverfahren bestellter Verwalter unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen vom Insolvenzgericht angeordnete Verfügungsbeschränkungen gem. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 24 Abs. 1, 81 InsO sowie der Anfechtbarkeit gem. §§ 129 ff. InsO geltend gemacht hat.
Normenkette
ZPO § 322 Abs. 1; EuInsVO Art. 25 Abs. 1; EuInsVO Unterabs. 2; EuGVO Art. 33 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 O 423/11) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten vom 6.5.2014 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger macht einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. Handels-GmbH (Schuldnerin) i.H.v. 30.000 EUR aufgrund von Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geltend. Vorangegangen war ein Prozess vor belgischen Gerichten über die Rückzahlung eines - nach Darstellung des Beklagten von der Schuldnerin im Insolvenzeröffnungsverfahren unter Missachtung eines Verfügungsverbots gezahlten - Betrages von rund 45.000 EUR. Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2, Alt. 1 BGB zu, da er einen Betrag in der geltend gemachten Höhe zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Urteil des Handelsgerichts Brügge gezahlt habe und der Rechtsgrund hierfür durch die nachfolgende Aufhebung dieses Urteils in der Berufungsinstanz weggefallen sei. Der Beklagte habe nicht wirksam mit Gegenforderungen, insbesondere nicht mit Ansprüchen gem. §§ 143, 130 Abs. 1 Nr. 2, 134 Abs. 1 InsO aufgerechnet. In Bezug auf eine Deckungsanfechtung habe er schon nicht substantiiert behauptet, dass der Kläger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder dem Eröffnungsantrag gehabt habe. Sein Vorbringen zu einer Anfechtung gem. § 134 Abs. 1 InsO sei bereits unschlüssig, da er unter Beweisantritt vorgetragen habe, dass die Schuldnerin aufgrund vertraglicher Beziehungen zum Kläger geleistet habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der seine Angriffe gegen das Urteil des LG ausdrücklich auf die Feststellungen der Kammer zur Insolvenzanfechtung und zu der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung beschränkt und um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bittet. Er macht geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe sowohl auf fehlerhaft festgestellten Tatsachen (§ 529 ZPO) als auch auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO). Das LG habe sich seiner Aufgabe, die Auslegung und die Bestimmung des Vertragspartners anhand der vorliegenden Dokumente (etwa den Rechnungen des Klägers) vorzunehmen, entzogen, indem es seinen Vortrag zu § 134 InsO als unschlüssig angesehen habe. Richtigerweise habe er sich den Vortrag des Klägers zur Frage des Vertragspartners hilfsweise zu Eigen gemacht, woraus sich ein Anspruch aus § 134 InsO ergeben habe, denn in diesem Fall habe die Schuldnerin mit den Zahlungen, die unstreitig aus ihrer Barkasse erfolgt seien, fremde Forderungen getilgt, die nicht werthaltig gewesen seien. Die L. GmbH sei nicht werbend tätig gewesen und ihr hätten deshalb - wie unter Beweis gestellt - jegliche liquiden Mittel gefehlt; sie sei zahlungsunfähig gewesen, weil sie weder die Forderungen des Klägers noch Forderungen des Finanzamts Krefeld über insgesamt 3.985,11 EUR aus Körperschaftssteuer nebst Solidaritätszuschlag für die Veranlagungsjahre seit 2001 habe ausgleichen können. Hätten Vertragsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Schuldnerin bestanden, hätte der Kläger die Geldmittel aus deren Barkasse nach dem Eröffnungsantrag und der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts erhalten. Im Zeitpunkt der Übergabe habe er Kenntnis des Insolvenzantrags der Schuldnerin gehabt. Ohnehin habe der Kläger wegen des absolut wirkenden Verfügungsverbots gem. §§ 21 Abs. 1 Z. 2, Alt. 2, 24, 81 f. InsO nicht wirksam Eigentum an dem Bargeld erwerben können. Eine anschließende Vermischung der Barmittel habe einen Bereicherungsanspruch der Insolvenzmasse zur Folge, welcher die erklärte Aufrechnung gegen den Bereicherungsanspruch des Klägers gleichermaßen rechtfertige.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, weshalb dem Beklagten Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist (§ 114 Abs. 1 ZPO).
Dem Kläger steht nach den Feststellungen des LG gegen den Beklagten wegen der Zahlungen zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Urteil des Handelsgerichts Brügge vom 26.10.2006 ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. 30.000 EUR zu (§ 812 Abs. 1 S. 2, Alt. 1 BGB). Dies wird vom Beklagten ausdrücklich nicht angegriffen. Die Anwendung der Bereicherungsvorschriften des Bürgerlichen Rechts wird durch § 717 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen, sie sind vielmehr nach Abschluss des Rechtsstreits daneben anwendbar (BGH, Urt. v. 26.10.2006 - IX ZR 147/04, MDR 2007, 549 = NZI 2007, 740, 742 Tz. 23).