Leitsatz (amtlich)

Die nach Erledigung einer durch Eingriff in die Rechte des Betroffenen vollzogenen gerichtlichen Entscheidung verbleibende Beschwer muss von erheblichem Gewicht und mit einer fühlbaren fortwirkenden und auch außen erkennbaren Beeinträchtigung eines verfassungsrechtlich geschützten Grundrechts (hier: Unverletzlichkeit der Wohnung) verbunden sein.

 

Normenkette

GG Art. 13; FamFG § § 58 ff., § 62; PolG NW § 42 Abs. 1 S. 3

 

Tenor

Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.000 EUR

 

Gründe

I. Der jetzige Ehemann der Beteiligten zu 1) wurde am 5.3.2008 festgenommen und durch seit dem 5.2.2009 rechtskräftiges Urteil des LG Krefeld vom selben Tag u.a. wegen Zuhälterei und schweren Menschenhandels sowie wegen Vergewaltigung in fünf Fällen und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.

Mit Verfügung vom 4.5.2009 wurde er aus der Bundesrepublik ausgewiesen.

Die Staatsanwaltschaft hatte am 29.3.2012 erklärt, von weiterer Strafvollstreckung nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Freiheitsstrafe absehen zu wollen. Die zuständige Strafvollstreckungskammer lehnte indes am 19.6.2012 eine Strafrestaussetzung zur Bewährung ab. Eine erneute Erklärung der Staatsanwaltschaft bezüglich eines Absehens von weiterer Strafvollstreckung nach § 456a StPO zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte nicht.

Im Anschluss an die noch andauernde Verbüßung dieser Strafe ist die Vollstreckung einer anderweitigen Restfreiheitstraße von 61 Tagen für die StA Kleve zu Az. 5 Js 392/00 VA vorgesehen. Hierzu liegt eine Freigabe der StA Kleve gem. § 456a StPO seit dem 5.4.2012 vor.

Die Sperrwirkung der Ausweisungsverfügung vom 4.5.2009 wurde mit Verfügung des Beteiligten zu 2) vom 12.8.2013 auf den Prognosezeitraum von 10 Jahren befristet. Gegen diese Verfügung hat der jetzige Ehemann der Beteiligten zu 1) am 15.8.2013 Klage beim VG Köln erhoben.

Der Beteiligte zu 2) beabsichtigt, den Ehemann der Beteiligten zu 1) aus der Haft heraus abzuschieben.

Am 24.10.2013 hat der Ehemann der Beteiligten zu 1) (erneut) einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt und diesen u.a. damit begründet, dass er am 9.10.2013 die Beteiligte zu 1) geheiratet habe.

Auf eine Nachfrage des Beteiligten zu 2) vom 13.11.2013 bei der JVA Bochum, teilte diese am 15.11.2013 mit, dass dem Standesamt für die Eheschließung ein aktueller, am 30.4.2013 ausgestellter Nationalpass des Ehemannes vorgelegt wurde, der nicht zu dessen Habe genommen worden war und der sich nach Angaben des Ehemannes der Beteiligten zu 1) in deren Besitz befinde.

Am 21.11.2013 hat der Beteiligte zu 2) die Durchsuchung der Wohnräume der Beteiligten zu 1) und der von der Familie gemeinschaftlich genutzten Räume gem. § 24 OBG, §§ 41 ff. PolG NW beantragt.

Zur Begründung hat er vorgebracht, der Ehemann der Beteiligten zu 1) werde nach Abschluss des Strafvollzuges oder nach Freigabe durch die Staatsanwaltschaft unverzüglich abgeschoben. Der Ausländerbehörde liege nur der am 19.4.2012 abgelaufene alte Nationalpass des Ehemanns der Beteiligten zu 1) vor, mit dem er lediglich in Form eines sog. Sammelcharters abgeschoben werden könne. Dieser sei nur einmal jährlich vorgesehen und für 2014 im Februar geplant. Eine Freigabe zu diesem Termin sei fraglich. Zur Sicherung einer unverzüglichen Abschiebung nach Entlassung aus der Haft sei es erforderlich, in den Besitz des neu ausgestellten Nationalpasses zu kommen, der anlässlich der Hochzeit vorgelegt worden sei und sich nach Angaben des Ehemannes der Beteiligten zu 1) gegenüber Bediensteten der JVA in deren Besitz sei. Es sei zu vermuten, dass der Ehemann der Beteiligten zu 1) eine Unmöglichkeit einer Abschiebung in Ermangelung eines gültigen Nationalpasses dahingehend nutzen werde, sich der Kontrolle durch die Ausländerbehörde durch Untertauchen zu entziehen. Es lägen konkrete Hinweise darauf vor, dass die Beteiligte zu 1) ihren Ehemann durch Verstecken des Nationalpasses unterstütze und dass die Durchsuchung zur Auffindung des Nationalpasses führe. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Da sich die Straftaten des Ehemannes der Beteiligten zu 1) durch den Einsatz von großer Brutalität und unglaublicher Missachtung der Menschenwürde auszeichneten - was näher ausgeführt wird - und er nicht die nötige Selbstreflexion über sein Fehlverhalten zeige, bestehe eine schlechte Prognose und es sei zu befürchten, dass er abermals schwere Gewalttaten begehen werde. Es bestehe daher ein hohes öffentliches Interesse daran, dass er alsbald abgeschoben werde. Das - prinzipiell gewichtige - Interesse der Beteiligten zu 1) an der Einhaltung der Unverletzlichkeit der Wohnung habe daher in diesem Fall zurückzustehen.

Durch Beschluss vom 26.11.2013 hat das AG Krefeld die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume der Beteiligten zu 1) sowie die Beschlagnahme des Reisepasses für die Ausländerbehörde angeordnet, da zu vermuten sei, dass er sich in den Räumen der Beteiligten zu...

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