Leitsatz (amtlich)
1) Ein Versorgungsträger ist durch eine Endentscheidung zum Versorgungsausgleich auch dann beschwert, wenn ein bei einem anderen Versorgungträger bestehendes Anrecht gem. § 18 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde, das im Falle seiner Teilung gem. § 10 Abs. 2 VersAusglG mit dem bei ihm bestehenden Anrecht verrechnet werden könnte.
2) Sind mehrere Anrechte vorhanden, die zwar alle einen geringen Ausgleichswert i.S.d. § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG haben, aber in ihrer Summe die Bagatellgrenze übersteigen, ist der Ausgleich jedenfalls eines Teils der Anrechte im Regelfall geboten.
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 06.10.2010; Aktenzeichen 31 F 3/10) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See wird der Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 6.10.2010 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:
(a) Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See, Vers.-Nr. 13 ... ein Anrecht i.H.v. 3,3377 Entgeltpunkten zugunsten des Antragstellers auf das Versicherungskonto 13 ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogen auf den 31.1.2010 übertragen.
(b) Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.-Nr. 13 ... ein Anrecht i.H.v. 0,4531 Entgeltpunkten zugunsten der Antragsgegnerin auf das Versicherungskonto 13 ... bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See bezogen auf den 31.1.2010 übertragen.
(c) Im Übrigen findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.
II. Die Entscheidung im Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet. Die erstinstanzlichen Kosten bleiben gegeneinander aufgehoben.
Der Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren wird auf 3 × (1.800 EUR + 400 EUR) × 10 % × 2 = 1.320 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 18.4.2001 die Ehe miteinander geschlossen und sind auf den im Februar 2010 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers durch den am 6.10.2010 verkündeten Beschluss des AG geschieden worden. Im Ausspruch zum Versorgungsausgleich hat das AG nur das Anrecht der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See intern geteilt und von einem Ausgleich der Anrechte des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie bei der Nürnberger Versicherungsgruppe gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG abgesehen.
Hiergegen wendet sich die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See mit ihrer Beschwerde und rügt, dass das AG § 18 VersAusglG fehlerhaft angewendet und den Halbteilungsgrundsatz verletzt habe. Das Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sei intern zu teilen, weil beide Parteien Anrechte in der Deutschen Rentenversicherung erworben hätten und ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch die Teilung auch des gesetzlichen Rentenanrechts des Antragstellers nicht entstehe.
II. Die gem. §§ 58 ff., 228 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Korrektur der amtsgerichtlichen Entscheidung.
1) Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See ist durch die angefochtene Entscheidung beschwert.
Das vom Versorgungsausgleich ausgeschlossene Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund würde nämlich im Falle seiner internen Teilung mit dem ebenfalls intern geteilten Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See gem. § 10 Abs. 2 VersAusglG, § 120 f. SGB VI verrechnet. Die Verrechnung hätte zur Folge, dass die Teilung des Anrechts bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See nur noch in Höhe der Wertdifferenz beider Ausgleichswerte vollzogen wird. Die Entscheidung des AG, das Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vom Versorgungsausgleich auszuschließen, beeinträchtigt somit die Rechtsstellung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See unmittelbar.
2) Das AG hat das Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu Unrecht vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Zwar hat das Anrecht einen i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG geringen Ausgleichswert; der korrespondierende Kapitalwert von 2.885,61 EUR erreicht die Höhe des in § 18 Abs. 3 VersAusglG festgelegten Grenzwerts von 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 3 SGB IV (bei Ehezeitende: 3.066 EUR) nicht.
Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert "soll" das Familiengericht gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG grundsätzlich nicht ausgleichen. Durch die Ausgestaltung der Ausschlussregelung als Soll-Vorschrift räumt der Gesetzgeber dem Tatrichter ein Ermessen ein, bei dessen Ausübung zu prüfen ist, ob der Ausgleich des geringwertigen Anrechts aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise geboten ist (BT-Drucks. 16/10144, 60, 61).
Vorliegend ist zu b...