Leitsatz (amtlich)
Ordnet das AG innerhalb einer Freiheitsentziehungssache als Vorbereitung für die Ingewahrsamnahme des Betroffenen das Betreten und die Durchsuchung eines Gebäudes an, so ist zur Entscheidung über die hiergegen gerichtete Beschwerde das LG zuständig.
Normenkette
PolG NRW § 35 Abs. 1 Nr. 2, § 35 Nr. 5, § 36 Abs. 2 S. 2, § 41; FamFG §§ 415 ff.; GVG § 72 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Viersen (Aktenzeichen 11 XIV 25 002/L) |
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 5 T 178/11) |
Tenor
Die Übernahme der Sache wird abgelehnt.
Gründe
I. Der Beteiligten zu 2 war vom AG Viersen um Amtshilfe zum Schutz der für den 4.5.2011 gerichtlich angeordneten Zwangsräumung des von der Beteiligten zu 1 bewohnten Gebäudes gebeten worden, weil es in diesem Gebäude im Sommer 2009 zu einer Gewalttat gekommen war, bei der drei Menschen (Rechtsanwälte und ein Baugutachter) durch Pistolenschüsse getötet worden waren.
Der Beteiligte zu 2 beabsichtigte u.a., die Beteiligte zu 1 in Gewahrsam zu nehmen und nach dem Zugriff unverzüglich die richterliche Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung gem. § 36 PolG NRW zu beantragen, um auf diese Weise die Gefahr abzuwenden. Außerdem beabsichtigte er, das Haus gem. § 41 PolG NRW bereits am Vortag zu durchsuchen.
Auf den Antrag des Beteiligten zu 2 ordnete das AG Viersen am 3.5.2011 das Betreten und die Durchsuchung des Gebäudes mit sofortiger Wirksamkeit an, weil die Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 1 gem. § 35 ABs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 PolG NRW unerlässlich sei.
Hiergegen beschwerte sich die Beteiligte zu 1.
Das AG half der Beschwerde nicht ab, weil der angefochtene Beschluss gem. §§ 42 Abs. 1 S. 3 PolG NRW, 57 FamFG analog unanfechtbar und die Beschwerde daher unzulässig sei und legte die Sache dem OLG vor.
Der Vorsitzende des für Beschwerden in Betreuungs-, Vormundschafts- und Unterbringungssachen zuständigen 25. Zivilsenats des OLG wies darauf hin, dass für Rechtsmittel in Freiheitsentziehungssachen, die nicht in die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen, das OLG nicht zuständig und die Sache an das LG als Beschwerdegericht abzugeben sei.
Das LG hat die Sache darauf hin dem Beschwerdesenat unter Hinweis auf § 42 Abs. 1 S. 2 PolG NRW mit der Bitte um Übernahme vorgelegt, weil es sich nicht um eine Freiheitsentziehungssache handele.
Der Senatsvorsitzende hat den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 darauf hingewiesen, dass der Senat davon ausgehe, dass die Beschwerde sich gegen die mit der Ingewahrsamnahme verbundene Freiheitsentziehung richte.
Hierzu hat die Beteiligte zu 1 sich nicht mehr geäußert.
II. Das OLG ist für die Beschwerde nicht zuständig.
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss, den es nach dem Beschlusseingang ausdrücklich in einem Freiheitsentziehungsverfahren getroffen hat, die Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 1 gem. § 35 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 PolG NRW angeordnet und in diesem Zusammenhang auch das Betreten und Durchsuchen ihres Hausgrundstückes erlaubt.
Die Beteiligte zu 1 hat ausdrücklich in dem Freiheitsentziehungsverfahren Beschwerde eingelegt und diese u.a. damit begründet, dass die Polizei sie in einen überfallartigen Angriff mit einem Sondereinsatzkommando festgenommen, zur Wache verbracht und dort körperlich untersucht habe.
Das Verfahren der somit beanstandeten Ingewahrsamnahme gem. § 35 PolG NRW richtet sich gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 PolG NRW nach den Vorschriften des 7. Buches (Verfahren in Freiheitssachen) des FamFG. In diesen Verfahren aber sind gem. § 72 Abs. 2 S. 2 GVG die LG die zuständigen Beschwerdegerichte.
Die Sache ist daher an das LG zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben.
Fundstellen