Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Bundesnetzagentur ist an Beschwerdeverfahren, die eine Entscheidung einer Landesregulierungsbehörde betreffen, jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 79 Abs. 2 EnWG zu beteiligen, damit eine einheitliche Gesetzeshandhabung gewährleistet wird.

  • 2.

    Das Verbot von Abschreibungen unter Null tangiert den Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht und schränkt auch die durch Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Netzbetreiber nicht unzulässig ein.

  • 3.

    Die Anwendung des § 6 StromNEV auf Netzübertragungen vor Inkrafttreten des EnWG vom 7. Juli 2005 und der dazu ergangenen StromNEV führt nur zu einer unechten Rückwirkung, der ein gegenüber den Gemeinwohlinteressen vorrangiger Vertrauensschutz nicht entgegensteht.

  • 4.

    Wird die Regulierungsbehörde zu einer Neubescheidung verpflichtet, so ist sie im Rahmen dieser an einer "Verböserung" anderer nicht angegriffener Kalkulationsansätze und Berechnungsmethoden nicht gehindert.

 

Tenor

Die Beschwerdegegnerin wird unter Aufhebung der Ziffer I ihres Bescheids vom 29. Januar 2007 - 421-38-20/2.1 - verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung von Netzentgelten vom 28. Oktober 2005 für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Landesregulierungsbehörde sowie der weiterhin beteiligten Bundesnetzagentur zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 190.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen der B. GmbH und der R. R.-R. AG, das im Gebiet der Städte W., H. und W. für die Stromversorgung ein Mittelspannungsnetz von rund ... km und ein Niederspannungsnetz von ca. ... km Länge betreibt.

Unter dem 28. Oktober 2005 beantragte sie bei der gegnerischen Landesregulierungsbehörde die Genehmigung von Entgelten für den Zugang zu ihrem Stromversorgungsnetz nach § 23a EnWG. Nachdem die Landesregulierungsbehörde der Antragstellerin mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, erließ sie unter dem 29. Januar 2007 eine Netzentgeltgenehmigung, mit der sie die beantragten Entgelte kürzte. Die Entgeltgenehmigung wurde für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 erteilt.

Gegen diesen bei der Antragstellerin am 2. Februar 2007 eingegangenen Bescheid hat sie unter dem 2. März 2007 Beschwerde eingelegt, die sie unter dem 9. Mai 2007 nach entsprechender Fristverlängerung begründet hat.

Sie meint, die von der Landesregulierungsbehörde vorgenommenen Kürzungen seien in nachfolgenden Punkten nach Grund und Höhe nicht mit der Stromnetzentgeltverordnung vereinbar und damit rechtswidrig. Zu Unrecht habe die Landesregulierungsbehörde die geltend gemachten Beschaffungskosten für Verlustenergie nicht in voller Höhe anerkannt. Fehl gehe schon die Annahme, dass bei der Ermittlung der Kosten für Verlustenergie nur auf das letzte abgeschlossene Kalenderjahr abgestellt werden könne und nicht auf gesicherte Erkenntnisse zum Planjahr. Die diesbezügliche Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 5 müsse sich nach der Systematik der Regelungen in der Stromnetzentgeltverordnung auch auf die Kostenpositionen der §§ 5 Abs. 3 und 10 Abs. 1 erstrecken. Unabhängig davon sei nicht nachvollziehbar, dass die Landesregulierungsbehörde nur einen durchschnittlichen Beschaffungspreis von .. EUR/MWh als Obergrenze für 2004 anerkenne. Welches Energieversorgungsunternehmen in welchem Zusammenhang einen derartigen Strompreis für die Beschaffung von Verlustenergie aufgewandt habe und ob dieses mit ihr - der Antragstellerin - vergleichbar sei, sei völlig unklar. Als Minimum müsse daher der Beschaffungspreis von .. Cent/kWh - die effektiven Beschaffungskosten für das Jahr 2004 - zugrunde gelegt werden, die sie beantragt habe.

Des weiteren verkürze die Landesregulierungsbehörde bei der Kalkulation des Anlagevermögens die Abschreibungsperioden jeweils um ein Jahr. Im letzten Jahr der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer müsse indessen auch die diesbezügliche Jahresabschreibung berücksichtigt werden. Würde dies nicht erfolgen, bedeute dies, dass die Netzbetreiber für jede Anlage 1/n der AHK bzw. TNW nicht erstattet bekämen, wobei "n" der Nutzungsdauer der jeweiligen Anlagegruppe entspreche. Ein Anlagengut, welches über drei Jahre abgeschrieben werde und im Jahr 2002 angeschafft worden sei, erfahre bei Anschaffungskosten von 900 EUR eine jährliche Abschreibung in Höhe von 300 EUR. Im Jahre 2002 und im Jahre 2003 würden jeweils diese 300 EUR abgeschrieben, so dass das Wirtschaftsgut zum 1. Januar 2004 noch einen Restwert von 300 EUR aufweise, was richtigerweise der letzten Jahresabschreibung entspreche. Im letzten Nutzungsjahr, dem Jahr 2004, werde die Anlage dann ein letztes Mal abgeschrieben und habe folglich zum Jahresende einen Restwert von 0 EUR. Sollte diese Jahresabschreibung nicht...

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