Leitsatz (amtlich)
Ein im Nachlassverfahren vom Gericht als Verfahrenspfleger bestellter Rechtsanwalt kann eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht mit Blick auf Auslegungsfragen des Testaments beanspruchen, sofern er diese im Rahmen seiner Bestellung weder zu beantworten hatte, noch tatsächlich beantwortet oder auch nur eine förmliche Entscheidung hierüber angestoßen hat.
Normenkette
BGB § 1835 Abs. 1-3; FamFG § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 2, § 61 Abs. 1, 3, § 277; VBVG §§ 1-2, 3 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Dinslaken (Aktenzeichen 14 VI 234/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der angefochtene Beschluss geändert.
Der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 19. Sept. 2016 auf Festsetzung seiner Vergütung als Verfahrenspfleger wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der am 2. Juli 2015 verstorbene Erblasser hatte mit Testament vom 20. Mai 2015 bestimmt:
"Mein Testament
Meiner Schwester A. vermache 20.000 E
Meiener B. vermache 20.000,- Ero und C. nermache E 20.000,- Ero nich bar."
Der im Testament genannte C. beantragte am 21. April 2016 die Bestellung eines Nachlasspflegers; es sei zwar ein Erbscheinsantrag gestellt worden, jedoch habe das Nachlassgericht festgestellt, dass die Abstammungsverhältnisse nicht sicher durch Personenstandsurkunden nachweisbar seien. Er wolle seinen Anspruch auf Zahlung des Vermächtnisses in Höhe von 20.000 EUR geltend machen.
Daraufhin bestellte das Nachlassgericht Rechtsanwalt D. als Nachlasspfleger und zugleich den Beteiligten zu 1 als Verfahrenspfleger. Die Verfahrenspflegschaft werde berufsmäßig geführt und umfasse Anhörungsverfahren, Rechtsmittelverfahren und Verfahren auf Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers.
Zu dem Antrag des Nachlasspflegers, ein näher bezeichnetes Sparkonto in voller Höhe freizugeben, damit der fällige Vermächtnisanspruch befriedigt werden könne, bat das Nachlassgericht den Beteiligten zu 1 um Stellungnahme.
Am 2. Sept. 2016 führte der Beteiligte zu 1 u.a. aus, das Testament sei auslegungsbedürftig. Einiges dürfte für einen Gesamtverfügungswillen sprechen. Zur Auslegung dürften noch Feststellungen zu treffen sein. Insoweit werde eine vorsorgliche Rücksprache mit dem zuständigen Nachlassrichter angeregt. Sollten dann die Voraussetzungen für die Annahme eines Vermächtnisses vorliegen, stehe dem Gläubiger der geltend gemachte Anspruch zu. Vor diesem Hintergrund stelle der Antrag des Nachlasspflegers eine sachgerechte Maßnahme der Nachlassverwaltung dar. Gegen die Erteilung der Genehmigung würden dann keine Bedenken bestehen.
Mit Antrag vom 19. Sept. 2016 bat er um Festsetzung seiner Gebühren und Erstattung aus der Staatskasse. Dabei rechnete er nach dem RVG ab, weil er als Vorfrage für die Genehmigung zur Auflösung des Sparbuches die Berechtigung der Nachlassverbindlichkeit zu prüfen gehabt habe.
Unter Bezug auf die ablehnende Stellungnahme des Beteiligten zu 2 bat das Nachlassgericht den Beteiligten zu 1 um Mitteilung, ob der Antrag zurückgenommen und stattdessen ein Antrag unter Berücksichtigung des üblichen Stundensatzes von 33,50 EUR gestellt werde.
Der Beteiligte zu 1 hielt an seinem Begehren unverändert fest und vertiefte seine Begründung hierzu.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Der Vermerk des Nachlassrichters vom 30. Okt. 2015 in der Nachlassakte, dass gesetzliche Erbfolge gelte, entbinde den Beteiligten zu 1 nicht von seiner Prüfungspflicht. Wäre er zu dem Ergebnis gekommen, dass doch eine Erbeinsetzung vorliege, wäre eine entsprechende nachlassgerichtliche Entscheidung herbeizuführen gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2 - eine Prüfung des dem Vermächtnis zugrunde liegenden Testaments sei nicht erforderlich gewesen, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2 ist als befristete Beschwerde §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, FamFG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt, sie jedenfalls vom Amtsgericht gem. § 61 Abs. 3 FamFG mit Bindungswirkung gegenüber dem Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Sie ist auch im übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Infolge der unangefochtenen Bestellung des Beteiligten zu 1 als Verfahrenspfleger richtet sich seine Vergütung grundsätzlich nach den Vorschriften des VBVG, entsprechend § 277 FamFG, § 1836 Abs. 1 und 3 BGB. Danach erhält der Verfahrenspfleger, wenn die Verfahrenspflegschaft - wie hier - ausnahmsweise berufsmäßig geführt wird, eine Vergütung in entsprechender Anwendung der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 VBVG.
Nach § 277 Abs. 1 FamFG erhält der Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1 bis 2 BGB. Auf § 1835 Abs. 3 BGB, wonach als Aufwendungen auch solche Dienste des Vormunds oder des Gegenvormunds gelten, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, verweist § 277 FamFG zwar nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist diese ...