Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Bindung an die Parteianträge verstößt das Gericht nicht, wenn sich der Urteilstenor im Rahmen zulässiger Auslegung des Klageantrags hält.

2. Zum Einwand der Treuwidrigkeit bei Widerspruch des Vermieters gegen die "Verlängerungsklausel".

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 19.09.2003; Aktenzeichen 1 O 90/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.9.2003 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Beklagte.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das LG hat zu Recht die Feststellung getroffen, dass das Mietverhältnis der Parteien zum 31.12.2003 endet und dass der Beklagte verpflichtet ist, zu diesem Zeitpunkt das Mietobjekt geräumt heraus zu geben.

I. Das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsbegründung bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

1. Das LG hat die Räumungsverpflichtung nicht unter Verstoß gegen § 308 ZPO ausgesprochen. Zwar spricht der Wortlaut des klägerischen Antrages für eine insgesamt erhobene Feststellungsklage. Mit einer solchen kann aber nur über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses befunden werden, hier das Ende des Mietverhältnisses zum 31.12.2003, nicht jedoch über die sich hieraus ergebende rechtliche Folge, nämlich die Räumungsverpflichtung, worauf die Beklagte selbst zu Recht hinweist. Das LG hat deshalb den auf zwei Punkte gerichteten Antrag des Klägers, nämlich auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses und auf die Räumungsverpflichtung, jeweils zum 31.12.2003, mit Recht dahin ausgelegt, dass die Kläger auch die Räumung in rechtlich durchsetzbarer Weise erreichen wollten. Dies war hier im Wege der Klage auf künftige Leistung gem. § 257 möglich, im Übrigen ein Weg, den die Kläger im Schreiben ihres Anwalts vom 17.10.2002 (S. 2, GA 13) auch selbst angedroht haben. Diese Auslegung des klägerischen Antrages war zulässig und geboten; denn aus dem Gesamtvortrag der Kläger folgt eindeutig ihr auch auf den Ausspruch der Räumungsverpflichtung gerichtetes Begehren, so dass der Wortlaut des Antrages lediglich als sprachlich verunglückt anzusehen war (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 308 Rz. 2).

Die weitere Voraussetzung für den Ausspruch nach § 257 BGB, die Besorgnis der künftigen Nichterfüllung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 257 Rz. 6, m.w.N.), ist hier aufgrund des Verhaltens des Beklagten eindeutig gegeben.

2. Der Beklagte meint ferner zu Unrecht, das LG habe die Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2003 nicht feststellen dürfen.

a) Unabhängig davon, dass nach den vorgelegten Unterlagen und dem Vorbringen der Parteien erhebliche Zweifel bestehen, ob überhaupt ein schriftlicher Mietvertrag zustande gekommen ist, ergibt sich aus der von den Parteien zitierten maßgeblichen Passage, dass das Mietverhältnis am 31.12.2003 endet und es sich nur verlängert, wenn eine der Parteien nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit einer Verlängerung schriftlich widerspricht. Diesen schriftlichen Widerspruch haben die Kläger mit ihrem Schreiben vom 21.1.2000, in dem sie überdies ausdrücklich ihre Kündigung erklärt haben, in rechtlich wirksamer Weise erhoben. Folglich musste die einseitige Optionserklärung des Beklagten vom 22.4.2003 ins Leere gehen (vgl. OLG Düsseldorf v. 14.5.2002 - 24 U 139/01, OLGReport Düsseldorf 2003, 228 = MDR 2002, 1429 = ZMR 2002, 910).

b) Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, es habe Einvernehmen zwischen den Parteien darüber bestanden, dass die Ausübung der Praxis auf Dauer geplant werde. Dieses behauptete Einverständnis steht aber dem Inhalt des Mietvertrages nicht entgegen; denn eine grundsätzliche Planung kann auch wieder geändert werden, wofür überdies die vorzeitige Ausstiegsklausel zu Gunsten des Beklagten in § 2 Abs. 2 des mitgeteilten Vertragstextes spricht. Auch die weitere Behauptung des Beklagten, es sei nicht vorgesehen gewesen, das Mietverhältnis nach Ablauf der festgelegten Vertragsdauer zu beenden, ist nicht anders zu beurteilen; denn auch das schließt nicht aus, dass jede Partei im Laufe der Zeit anderen Sinnes wird. Im Übrigen wären dieses Vorbringen und die Beweisangebote hierzu gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Gleiches gilt für die Behauptung des Beklagten, die Parteien hätten die o.g. Klausel vom Vertragstext abweichend dahin verstanden, dass der Beklagte einseitig eine Verlängerung von 5 Jahren verlangen könne. Überdies hat er nicht mitgeteilt, wodurch dieses Verständnis zum Ausdruck gekommen ist. Ohne solche Erklärungen kann die Behauptung aber nicht nachvollzogen werden und ist auch keiner Beweisaufnahme zugänglich.

Die vom Beklagten weiter aufgeführten äußeren Umstände sprechen ebenfalls nicht, jedenfalls nicht zwingend, für eine zu seinen Gunsten bestehende einseitige Verlängerungsbefugnis; denn Investitionen und eine mit einem Dritten gemeinsam benutzte Röntgenanlage erscheinen auch für eine Mietdauer von 10 Jahren sinnvoll (in der Röntgen...

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