Leitsatz (amtlich)

1. Soweit der Ablehnung eines mit seiner Beteiligtenstellung im Insolvenzverfahren begründeten Gesuchs des früheren Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin (GmbH) um Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 1 ZPO (Einsichtnahme in die Verfahrensakte nebst sämtlichen Beiakten des Insolvenzverfahrens) ein Justizverwaltungsakt nicht zugrunde liegt, ist gegen die Versagung ein Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG nicht statthaft.

2. Der frühere Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin (GmbH), gegen den der Insolvenzverwalter eine Zahlungsklage wegen Verletzung von Pflichten zur Buchführung und ordnungsgemäßen Aufstellung der Jahresabschlüsse nach § 43 Abs. 2 GmbHG führt, kann als dritte Person Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO in die Insolvenzakten (nicht die Unterlagen des Schuldners) nur verlangen, wenn er zu seiner Verteidigung gegen die Inanspruchnahme im Klageverfahren wegen eines konkreten rechtlichen Bezuges zum Inhalt der Insolvenzakte Informationen aus derselben (z.B. hinsichtlich des Insolvenzantrages, des Eröffnungsgutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Berichts des Insolvenzverwalters zum Berichtstermin und der nachfolgenden periodischen Berichte des Insolvenzverwalters, der Forderungsanmeldung anderer Insolvenzgläubiger sowie der Insolvenztabelle) benötigt.

 

Normenkette

EGGVG § 23 Abs. 1 S. 1, § 23 ff.; GmbHG § 43 Abs. 2; GVG § 72 Abs. 2; InsO §§ 4, 6 Abs. 1; ZPO § 299 Abs. 1, § 567 ff.

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 85.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 war Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Er wird von deren Insolvenzverwalter vor dem Landgericht Duisburg - 4 O 320/18 - auf Zahlung von 85.000 EUR in Anspruch genommen, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2013 im Rahmen eines Joint Venture mit einer chinesischen Partnerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 305.500 EUR geleistet habe, für die es an Belegen fehle. Der Beteiligte zu 1 habe daher seine ihm als Geschäftsführer obliegenden Pflichten zur Buchführung und ordnungsgemäßen Aufstellung der Jahresabschlüsse verletzt und sei nach § 43 Abs. 2 GmbHG ersatzpflichtig.

Der Beteiligte zu 1 macht in dem genannten Verfahren u.a. zu seiner Verteidigung geltend, die Insolvenzschuldnerin sei verpflichtet, ihm einen Teilbetrag eines Darlehens in Höhe von 92.500 EUR zurückzuzahlen; zudem bestünden nicht ausgeglichene Gehaltsansprüche in Höhe von 13.059,02 EUR und Abgeltungsansprüche für Urlaub in Höhe von 15.000 EUR. Diese Ansprüche stünden der angeblichen Forderung des Insolvenzverwalters aufrechenbar gegenüber. Mit diesen Forderungen rechnet er in dem genannten Verfahren hilfsweise auf.

Am 30. April 2019 hat der Beteiligte zu 1 bei dem Beteiligten zu 2 Einsichtnahme in die Verfahrensakte nebst sämtlichen Beiakten des Insolvenzverfahrens 64 IN 264/14 AG Duisburg beantragt. Sein berechtigtes (sic) Interesse bestehe aufgrund des genannten landgerichtlichen Verfahrens.

Der Beteiligte zu 2 hat mit Bescheid vom 6. Nov. 2019 den Antrag auf Bewilligung von Akteneinsicht zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1 sei weder Beteiligter des Insolvenzverfahrens gem. § 299 Abs. 1 ZPO, noch habe er ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht. Sein Interesse, im Rahmen einer Rechtsverteidigung gegen eine Klage des Insolvenzverwalters Kenntnisse hinsichtlich des erhobenen Vorwurfs zu erhalten, sei ein nicht erhebliches reines Ausforschungsinteresse.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21. Nov. 2019 beantragt der Beteiligte zu 1 sinngemäß, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und ihm Akteneinsicht zu gewähren.

Er sei Beteiligter des Insolvenzverfahrens wegen der im Klageverfahren zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche. Ein Bestreiten dieser Forderungen sei insoweit unbeachtlich, weil die Ansprüche ja bereits gerichtlich geltend gemacht und vom Insolvenzverwalter allenfalls dem Rang nach bestritten worden seien. Jedenfalls sei es treuwidrig, wenn der Insolvenzverwalter die Forderungen bestreite, weil er sie in seinem Insolvenzgutachten konkret angeführt habe.

Jedenfalls habe er ein berechtigtes / erhebliches (sic) Interesse an Einsicht in die Insolvenzakte. Seiner Berechtigung stünden Gründe nicht entgegen. Die Versagung der Zustimmung durch den Insolvenzverwalter sei treuwidrig. Dieser selbst habe sich im Klageverfahren auf Inhalte der Insolvenzakte bezogen und sie so zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Er mache sogar geltend, es sei ja Sache des Beteiligte zu 1 gewesen, in die Akten des Insolvenzverwalters einzusehen, werfe ihm mithin gerade vor, dies nicht getan zu haben.

Es gehe im Klageverfahren vor allem um die Führung des Büros in Peking und damit um Bereiche der Geschäftstätigkeit der Insolvenzschuldnerin, für die er, der Beteiligte zu 1, als Geschäftsführer nicht direkt zuständig gewesen sei. Da der Vortrag des Insolvenzverwalters zudem widersprüchlich sei, sei eine Einsichtnahme in die Insolvenzakten bereits deshalb erforderlich, um zu prüfen, welche Unter...

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