Leitsatz (amtlich)

1. Das nachträgliche Anbringen eines Fenstergitters an die Hausfassade durch den Inhaber der Erdgeschosswohnung eine Wohnanlage kann eine die übrigen Miteigentümer beeinträchtigende bauliche Veränderung darstellen.

2. Eine solche Maßnahme kann gleichwohl nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gerechtfertigt sein, wenn sich aus konkreten Umstände eine gesteigerte Einbruchsgefahr ergibt, der nicht mit weniger beeinträchtigenden Maßnahmen (Sicherheitsglas; "Pilzköpfe", Verstärkung der Fensterbeschläge, Schutz des Rolladens gegen Hochschieben) begegnet werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 31.03.2004; Aktenzeichen 11 T 4/04)

AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen 30-II 37/03)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte zu 1)

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind Mitglieder der o.a. Wohnungseigentümergemeinschaft, die der Beteiligte zu 5 verwaltet.

Die Beteiligte zu 1), deren Wohnung im Erdgeschoss der Wohnungseigentumsanlage gelegen ist, hatte zunächst um Zustimmung der Eigentümergemeinschaft zur Anbringung von Gittern an ihre zur Straße K. hin befindlichen Fenster gebeten. Dieser Antrag wurde durch Beschluss zu TOP 7 in der Eigentümerversammlung vom 11.3.2003 auf Grund der Gegenstimme der Beteiligten zu 2 abgelehnt. Auch ein danach eingeleiteter Umlaufbeschluss bezüglich der Vergitterung lediglich des von der Straßenseite aus gesehen rechts vom Eingang gelegenen Fensters des Vorratsraumes kam nicht zustande.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, ein einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft sei nicht erforderlich. Das vorgesehene Fenstergitter stelle eine optische Beeinträchtigung nicht dar, außerdem sei eine solche in Hinblick auf ihr Sicherungsinteresse hinzunehmen. In der Wohngegend bestehe eine hohe Einbruchsgefährdung.

Sie hat beantragt,

1. den in der Wohnungseigentümergemeinschaft der WEG K. 17, in Mülheim an der Ruhr vom 11.3.03 gefassten Beschluss zu TOP 7, mit dem der Antrag der Antragstellerin die Fenster zur K. hin mit Gittern zu versehen, abgelehnt wurde, für ungültig zu erklären.

2. der Antragstellerin zu gestatten, das zur K. hin befindliche Fenster vom Vorratsraum (von der Straße aus gesehen rechts neben der Haustür) mit einem verzinkten Gitterschutz von 1 mal 1 m als Einbruchschutz zu versehen.

Das AG hat nach mündlicher Verhandlung mit am 18.12.2003 verkündetem Beschluss den Anträgen stattgegeben.

Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde haben die Beteiligten zu 2) die Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und Ablehnung der Anträge der Beteiligten zu 1) begehrt, weil die Vergitterung des Fensters den Gesamteindruck der Fassade störe und das Schutzbedürfnis der Antragstellerin auch durch anderweitige Sicherungsmaßnahmen gewahrt werden könne.

Das LG hat nach mündlicher Verhandlung mit am 31.3.2004 verkündetem Beschluss die Entscheidung des AG geändert und die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Gegen die Entscheidung des LG wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 2) entgegentreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt, der amtsgerichtliche Beschluss sei zu ändern. Der Antragstellerin stehe ein einklagbarer Anspruch auf positive Beschlussfassung dahingehend, dass alle anderen Wohnungseigentümer einem Fenstergitter vor ihrem Vorratsraum zustimmen, nicht zu. Der ablehnende Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 11.3.2003 sei daher auch nicht dieses Fenster betreffend für ungültig zu erklären.

Die nachträgliche Montage eines Fenstergitters an die Hausfassade stelle eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar. Dies habe zur Folge, dass grundsätzlich auch die hier fehlende Zustimmung der Antragsgegner erforderlich sei. Diese sei auch nicht gem. § 22 Abs. 1 S. 2 WEG entbehrlich, denn die beabsichtigte bauliche Veränderung - das Fenstergitter - beeinträchtige die Rechte der Beteiligten zu 2) über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus. Unter einem Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG sei jede nicht ganz unerhebliche konkrete und objektive Beeinträchtigung zu verstehen. Entscheidend sei, ob ein Wohnungseigentümer sich nach der Verkehrsanschauung in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.

Dass die Vergitterung eines Fensters eine optische Veränderung ggü. dem früheren Zustand bewirke, reiche zwar allein nicht aus. Auf der Grundlage der vorgelegten Fotos sehe die Kammer aber in der Anbringung des vorgesehenen Fenstergitters im Gegensatz zum AG eine Beeinträchtigung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindruckes der Wohnanlage. Das entsprechende Fenster werde durch d...

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