Verfahrensgang
StA Krefeld (Aktenzeichen 8 Js 439/00) |
Tenor
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 18. Januar 200 (23 Gs 217-218/01) wird aufgehoben.
Gründe
I.
Der Angeklagte befindet sich seit dem 18. Januar 2001, also über sechs Monate, in Untersuchungshaft. Zur Entscheidung über deren Fortdauer ist die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt worden.
II.
Die Staatsanwaltschaft hat mit der beim Landgericht Krefeld am 27. April 2001 eingegangenen Anklageschrift vom 19. April 2001 gegen drei Angeklagte, hierunter den Angeklagten B Anklage wegen unterschiedlich schwerwiegender Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz erhoben. Während sich der Anklagevorwurf gegen den Angeklagten M u. a. auf das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - tateinheitlich mit der unerlaubten Einfuhr - in 27 Fällen, der unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln an Personen unter 18 Jahren in 111 Fällen erstreckt, wird dem Angeklagten B zur Last gelegt, in 4 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben und tateinheitlich hiermit unerlaubt eingeführt zu haben. Unter dem 03. Mai 2001 hat der Vorsitzende der Strafkammer die Zustellung der Anklageschriften verfügt. Mit Vermerk vom 26. Juni 2001 hat die jetzige Vorsitzende der Strafkammer die Fortdauer der Untersuchungshaft für notwendig erachtet (§ 122 Abs. 1 StPO) und gleichzeitig mitgeteilt, dass die Erstakten sich derzeit zur Einsichtnahme bei den Verteidigern befänden und nach der Rückkehr der Akten die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die - baldige - Terminierung anstehe. Zwischenzeitlich ist - nach Vorlage der Akten zur Prüfung der Haftfortdauer gemäß § 122 Abs. 1 StPO beim Senat - die Anklage zugelassen worden und Termin für den Beginn der Hauptverhandlung auf den 13. September 2001 bestimmt worden.
III.
Der Haftbefehl ist gemäß § 121 Abs. 2 StPO aufzuheben, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Fortdauer der Untersuchungshaft über 6 Monate nicht gegeben sind.
1. Zwar ist der Angeklagte nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere aufgrund seiner im wesentlichen geständigen Einlassung und der weiteren Beweismittel, die in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 19. April 2001 angeführt werden, der ihm zur Last gelegten Straftaten dringend verdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).
2. Auch mag der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) bestehen.
3. Die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen indessen nicht vor.
Solange - wie hier - kein auf Freiheitsentzug lautendes, Urteil vorliegt, darf nach dieser Vorschrift der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über 6 Monate nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, JMBl. NW 1996, 201, 202, BVerfG, NJW 1974, 307, 308; NJW 1994, 2081) rechtfertigen.
a) Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft schon deswegen nicht mehr, weil der Sachverhalt in objektiver und subjektiver Hinsicht - spätestens seit Fertigung und Vorlage der Anklageschrift vom 19. April 2001 - ausermittelt ist und weitere verfahrensfördernde Handlungen bis zum Beginn der Hauptverhandlungen nicht vorgesehen sind und deren Notwendigkeit auch nicht ersichtlich ist (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, NJW 1993, 1088; OLG Bremen, StV 1992, 480; 1994, 326).
b) Ein "anderer wichtiger Grund", der demnach allein geeignet wäre, die Untersuchungshaft gemäß § 121 StPO aufrechtzuerhalten, liegt ebenfalls nicht vor. Die Ausnahmetatbestände des § 121 Abs. 1 StPO sind eng auszulegen (vgl. OLG Düsseldorf, 2 Strafsenat, NJW 1991, 3046, 3047; StV 1992, 586; JMBl. NW 1994, 272, 273; JMBl. NW 1996, 201, 202). Die wichtigen Gründe müssen in ihrem Gewicht den beiden besonders genannten Gründen der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs der Ermittlungen gleichstehen (vgl. OLG Düsseldorf, 3. Strafsenat, StV 1990, 168; 2. Strafsenat - Beschluß vom 22. Februar 1999, 2 Ws 28/99, S. 4; KG, StV 1994, 90). Der wichtige Grund für die Verlängerung der Untersuchungshaft über die Regeldauer von sechs Monaten muss ein derartiges Gewicht besitzen, dass es gerechtfertigt ist, den Freiheitsanspruch und das Beschleunigungsinteresse des Beschuldigten unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 3 Satz 2 MRK hinter unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zurücktreten zu lassen (vgl. OLG Düsseldorf, 3. Strafsenat, StV 1990, 168; 2. Strafsenat - Beschluss vom 22. Februar 1999, 2 Ws 28/99, S. 4). Ausprägung dieses Gedanken und des durch die Verfassung geschützten Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist das in Haftsachen geltende verfassungsrechtliche Beschleun...