Leitsatz (amtlich)
1. Ob die in einer Patentstreitsache durch die Hinzuziehung eines Patentanwalts entstandenen Kosten nach § 143 Abs. 3 PatG zu erstatten sind, beurteilt sich anhand der zu § 91 ZPO entwickelten Grundsätze. Maßgeblich ist demnach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die die Kosten auslösende Maßnahme (hier: Hinzuziehung eines Patentanwalts) in dem damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte (Bestätigung von OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2022, 356 - Patentanwaltskosten).
2. In einer Patentstreitsache ist dies in der Regel der Fall, wenn ein technischer Sachverhalt in patentrechtlichem Zusammenhang zu beurteilen ist.
3. Das gilt nicht nur für einen Patentverletzungsrechtsstreit, in dem die Parteien als Verletzungskläger und Verletzungsbeklagter über die Verletzung und/oder den Rechtsbestand eines Patents streiten, sondern auch für andere Patentstreitsachen, z.B. Klagen gegen Patentberühmungen oder Anspruchsberühmungen aus einem Patent, in denen es um die Beurteilung eines technischen Sachverhalts in patentrechtlichem Zusammenhang geht.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 67/22) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24.03.2023 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Düsseldorf vom 22.09.2022 sind von der Antragsgegnerin 4.360,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 18.10.2022 an die Antragstellerin zu erstatten.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 03.05.2023 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24.03.2023, mit der sie sich dagegen wendet, dass die Rechtspflegerin im Rahmen der Kostenfestsetzung die von ihr auch angemeldeten Kosten ihres Patentanwalts in Höhe von 2.171,50 EUR nicht berücksichtigt hat, ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Der angefochtene Beschluss ist der Antragstellerin erst am 19.04.2023 zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde hat die Antragstellerin am 03.05.2023 und damit innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO beim Landgericht eingereicht. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin die von der Antragstellerin angemeldeten Patentanwaltskosten abgesetzt.
1. Nach § 143 Abs. 3 PatG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.
a) Bei dem dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zugrundeliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelte es sich um eine Patentstreitsache im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG.
Patentstreitsachen sind nach § 143 Abs. 1 PatG alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Patentgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Der Begriff der Patentstreitsache ist grundsätzlich weit auszulegen (BGH, GRUR 2011, 662 - Patentstreitsache; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 305 - Unberechtigte Patentberühmung; Beschl. v. 31.08.2017 - 2 W 14/17, GRUR-RS 2017, 125977 Rn. 8 - Patentanwaltskosten; Benkard PatG/Grabinski/Zülch/Tochtermann, 12. Aufl. 2023, PatG § 143 Rn. 1). Zu den Patentstreitsachen zählen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonst wie mit einer Erfindung eng verknüpft sind (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 - Patentstreitsache; BGH, GRUR 2013, 756 Rn. 10 - Patentstreitsache II). Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 - Patentstreitsache; BGH, GRUR 2013, 756 Rn. 10 - Patentstreitsache II), wobei aber auch Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht aus dem Patentgesetz ergibt, unter den Begriff der Patentstreitsache fallen können (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 305 - Unberechtigte Patentberühmung; Beschl. v. 31.08.2017 - 2 W 14/17, GRUR-RS 2017, 125977 Rn. 8 - Patentanwaltskosten). Insbesondere unterfallen dem Begriff der Patentstreitsache zum Beispiel auch wettbewerbsrechtliche oder deliktsrechtliche Klagen gegen Patentberühmungen oder Anspruchsberühmungen aus einem Patent (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 305 - Unberechtigte Patentberühmung; Beschl. v. 31.08.2017 - 2 W 14/17, GRUR-RS 2017, 125977 Rn. 8 - Patentanwaltskosten; Benkard PatG/Grabinski/Zülch/Tochtermann, a.a.O., PatG § 143 Rn. 4; Mes, 5. Aufl. 2020, PatG § 146 Rn. 27). Gleiches gilt für entsprechende Verfügungsanträge.
Um einen derartigen Antrag auf Erlass einer ei...