Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Urteil vom 07.05.2015; Aktenzeichen 10 O 191/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 07.05.2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach (10 O 191/14) wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch das am 07.05.2015 verkündete Urteil hat die 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach - Einzelrichterin - die Klage, mit der der Kläger Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag geltend gemacht hat, abgewiesen und ihn auf die Widerklage des Beklagten zur Zahlung i.H.v. 3323,55 EUR nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten verurteilt (GA 420). Das Urteil wurde dem Kläger 15.05.2015 zugestellt (GA 440). Mit Schriftsatz vom 11.06.2015, der am 16.06.2015 beim Oberlandesgericht Düsseldorf einging (GA 443), hat er dagegen Berufung eingelegt. Nachdem er mit Verfügung vom 08.07.2015 auf die Versäumung der Berufungsfrist hingewiesen worden war (GA 450), hat er mit Schriftsatz vom 21.07.2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (GA 462).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in zweiter Instanz eingereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.1. Die Berufung ist unzulässig, weil der Kläger die Berufungsfrist versäumt hat. Die Berufung ging erst am 16.06.2015 beim Oberlandesgericht ein. Die angefochtene Entscheidung ist am 15.05.2015 zugestellt worden. Die Rechtsmittelfrist endete indes bereits am 15.06.2015, § 517 ZPO.

2. Das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers bleibt ohne Erfolg.

Wiedereinsetzung ist dem Rechtsmittelführer nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn er ohne eigenes Verschulden oder das ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbare Verschulden seines Prozessbevollmächtigten verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Im Streitfall trägt der Kläger, der sich bei Einlegung der Berufung selbst anwaltlich vertreten hat, die Verantwortung für die Versäumung der Berufungsfrist.

a) Versäumnisse des Büropersonals ihres Prozessbevollmächtigten sind einer Partei nur zuzurechnen, wenn ein eigenes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ausscheidet. Es geht daher grundsätzlich nicht zulasten einer Partei, wenn einem Mitarbeiter ihres Anwalts bei der Übermittlung der Rechtsmittelschrift per Telefax ein Fehler unterläuft. Ein Verschulden der Partei oder ihres Anwalts ist daher regelmäßig zu verneinen, wenn die beauftragte Hilfskraft es versäumt, sich zu vergewissern, dass das Telefax ordnungsgemäß übermittelt worden ist. Voraussetzung dafür ist indes, dass der Prozessbevollmächtigten die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze getroffen hat. Dass er dazu - generell oder im Einzelfall - die erforderlichen Anordnungen erteilt hat, hat der Kläger jedoch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Dazu gehört nämlich auch die Pflicht des Anwalts, seinen Mitarbeitern aufzutragen, sich nach der Absendung anhand des Sendeprotokolls davon zu überzeugen, dass das Telefax korrekt übermittelt wurde (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl., § 233 Rn 23 "Telefax"). Das hat die Mitarbeiterin des Klägers aber unterlassen, wie sie selbst in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 20.07.2015 einräumt. Wäre sie entsprechend verfahren, hätte sie aber festgestellt, dass die Telefaxübertragung gescheitert war.

b) Der Kläger konnte auch nicht darauf vertrauen, dass die nach Angaben der Mitarbeiterin in ihrer eidesstattlichen Versicherung am 11.06.2015 als Brief in den Postkasten in der Heinrichstraße in Düsseldorf eingeworfene Berufungsschrift rechtzeitig beim Oberlandesgericht eingehen würde. Der Absender kann sich zwar in aller Regel darauf verlassen, dass ein vollständig und richtig adressierter und ausreichend frankierter Brief den Adressaten in der von dem Postdienst allgemein angegebenen Zeit erreicht. Deshalb ist er normalerweise nicht gehalten, den Eingang der Rechtsmittelschrift bei Gericht zu überwachen (Zöller/Greger a.a.O. "Postverkehr). Das an sich berechtigte Vertrauen in die fristgemäße Briefbeförderung ist allerdings während eines Poststreiks nicht gerechtfertigt. So lagen die Dinge aber hier. Seit dem 08.06.2015 hatte die Gewerkschaft Verdi nämlich damit begonnen, ihre Mitglieder bei der Deutschen Post AG schrittweise in den unbefristeten Arbeitskampf zu führen. Dabei wurden zunächst die Tarifkräfte in den bundesweit 83 Briefverteilungszentren in den Ausstand gerufen (Verdi. de/Presse/Pressemiteilung vom 09.06.2015). Hierüber wurde seiner Zeit in den Medien auch ausführlich berichtet. So verkündete der WDR am 10.06.2015 unter der Überschrift "Post Streik in NRW wird härter. Briefträger und Paketboten im Streik;" dass die Gewerkschaft Verdi ihre Streiks bei der Deutschen Post in Nordrhein-Westfalen ausgeweitet habe. Rund 1000 Zusteller von Briefen und Paketen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge