Verfahrensgang

Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg (Beschluss vom 26.06.2009)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 26.6.2009 aufgehoben und wird der Nachprüfungsantrag abgelehnt.

Der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer, die dem Antragsgegner in jenem Verfahren entstandenen Aufwendungen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 500.000 EUR

 

Gründe

I. Durch EG-weite Bekanntmachung vom 18.4.2009 schrieb die Vergabestelle den sechsstreifigen Ausbau der Autobahn A 40 im Stadtgebiet von B. nebst Brücken- und Lärmschutzwandarbeiten im offenen Verfahren aus (km 1,8 + 60 bis km 3,6 + 25). Die A 40 wird an der Stelle täglich von etwa 100.000 Kraftfahrzeugen befahren. Der Auftragswert war auf 13 Millionen EUR geschätzt worden. Eine Losaufteilung nahm die Vergabestelle nicht vor, sondern gab (im Wesentlichen) einer Generalunternehmervergabe den Vorzug.

Die Antragstellerin betätigt sich als mittelständisches Unternehmen u.a. auf dem Gebiet der Errichtung von Lärmschutzwänden. Sie bezeichnet sich als Systemhersteller. Die Antragstellerin rügte unter dem 22.4.2009 die unterbliebene Losaufteilung. Ihrer Auffassung zufolge war im Mittelstandsinteresse nach § 97 Abs. 3 GWB a.F. geboten, für die Lärmschutzwandarbeiten ein Fachlos zu bilden. Nachdem die Vergabestelle die Rüge abschlägig beschieden hatte, brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag an.

In den Vergabeakten vermerkte die Vergabestelle in einem anfänglichen undatierten Vermerk:

Begründung für das Abweichen von der Fachlosvergabe:

Bei dieser Baumaßnahme handelt es sich um ein Mischlos. Die hier ausgeschriebenen Arbeiten sind so miteinander verzahnt, dass eine Fachlosvergabe bis auf die u.a. Arbeiten nicht sinnvoll ist.

Folgende Arbeiten wurden bzw. werden getrennt ausgeschrieben:

Bauwerk Hohenstein (Rad- und Gehwegbrücke)

Regenrückhaltebecken Leither Bach

Schutzplankenarbeiten

Fäll- und Rodungsarbeiten

Fahrbahnmarkierungsarbeiten

Herstellung von Verkehrszeichenbrücken und Kragarmen

Notrufsäulen und Kabelarbeiten

Schneiden von Induktionsschleifen.

Zudem wies die Vergabestelle darin auf gleichzeitige Kanalerneuerungsarbeiten der Stadt B. im Bereich der auf einer Steilwand aufstehenden neuen Lärmschutzwand hin.

Im weiteren Vermerk vom 20.1.2009 zitierte die Vergabestelle wie folgt gemäß dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss bei den Bauarbeiten einzuhaltende Vorgaben:

Um die Lärmbelastung für die Anwohner während der Bauphase möglichst gering zu halten, wird dem Vorhabenträger aufgegeben, die vorhandenen Lärmschutzwände nach Möglichkeit erst nach Fertigstellung der neuen Wände zu beseitigen ... Davon unabhängig hat der Vorhabenträger alle ihm zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die Zeiträume - und die jeweils betroffenen Bereiche, in denen weder alte noch neue Wände Lärmschutz bieten, auf das unumgänglich notwendige Maß zu begrenzen.

Darum, so der Vermerk vom 20.1.2009, sei in der Ausschreibung vorgesehen worden:

Die Ausbau-/Abbruchabschnitte der abzubrechenden Lärmschutzwand sind auf max. 300 m zu begrenzen. Vor dem Beginn weiterer Abbrucharbeiten ist die so entstandene Lücke im Lärmschirm mit der neuen Lärmschutzwand zu schließen. Die Dauer der Öffnung des Lärmschirms ist hier auf ein Minimum zu begrenzen. Die Ausbauabschnitte sind so zu wählen, dass eine maximale Öffnungszeit von sechs Wochen realisiert werden kann. Alle hieraus entstehenden Erschwernisse sind in die entsprechenden EP einzurechnen.

Alsdann fuhr der Vermerk fort:

Die Herstellung der Bauwerke und Lärmschutzwände ist eng mit dem Straßenbau verzahnt, weil sie gleichzeitig an verschiedenen Stellen hergestellt werden müssen. Es entsteht eine schwierige technische Koordination. Einzelne Zeitfenster können nicht eingeplant werden.

Als besonders schwierig in der Abstimmung sind die beiden Lärmschutzwände, die vorhandene sowie die eingeplante, die nicht in der gleichen Achse (verlaufen), sondern "mäandern", d.h. in einigen Bereichen steht die vorhandene Wand hinter der geplanten sowie umgekehrt, in sehr vielen Bereichen kreuzen sich die beiden Wände. Die neue Böschungskante liegt teilweise vor und teilweise hinter der alten Böschungskante. Das heißt für den Ausbau der vorhandenen Wand, dass die Bohrpfähle in unterschiedlichen Höhen sowie als Ganzes ausgebaut werden müssen, da teilweise an gleicher Stelle wieder ein neuer Bohrpfahl erstellt werden muss.

In der Antwort vom 28.4.2009 auf die Rüge der Antragstellerin verwies die Vergabestelle auf das ARS 31/97 Straßenbau des BMV vom 30.6.1997 (Bemerkung: Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 31/97 vom 30.6.1997), das einen Ausnahmefall vom Gebot der Fachlosvergabe für den Fall vorsieht, dass eine Beschleunigung der Bauarbeiten ... an BAB-Betriebsstrecken zur Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erfolgt.

Zudem wurde dar...

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