Leitsatz (amtlich)

Der Geschäftswert für die Eigentumseintragung des Erstehers eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren ist ausnahmsweise abweichend von dem im Zwangsversteigerungsverfahren ermittelten Verkehrswert zu bemessen, wenn erheblich Umstände dafür sprechen, dass der ermittelte Verkehrswert den Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Eintragung nicht mehr zutreffend wiedergibt - hier: erheblicher Zeitablauf zwischen sachverständiger Wertermittlung im Zwangsversteigerungsverfahren und Eigentumseintragung des Erstehers; erhebliches Abweichen des Meistgebotes vom festgesetzten Verkehrswert; zeitnaher Verkauf durch den Ersteher zu einem wesentlich geringeren Kaufpreis, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieser weit unterhalb des unter den konkreten Marktgegebenheiten erzielbaren Preises liegt.

 

Normenkette

ZVG § 74a Abs. 5; KostO § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1-2, § 60 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Beschluss vom 28.07.2005; Aktenzeichen 6 T 178/05)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 28.7.2005 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Kostenschuldnerin erwarb Grundbesitz im Wege des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren aufgrund Beschlusses des AG Krefeld vom 19.10.2004 (Bl. 17 ff. GA). Mit Kostenansatz nebst Kostenrechnung des AG Krefeld vom 22.4.2005 (Kassenzeichen 70024769 252 5, Bl. 23a GA) wurde ihr nach § 60 Abs. 1 KostO die Gebühr für die Eigentumseintragung im Grundbuch in Rechnung gestellt. Der Geschäftswert wurde bemessen nach dem im Zwangsversteigerungsverfahren gem. § 74a Abs. 5 ZVG aufgrund eines Sachverständigengutachtens vom 22.7.2002 durch Beschl. v. 15.8.2002 festgesetzten Verkehrswert i.H.v. 4 Mio. EUR.

Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin hat das LG mit angefochtenem Beschluss den Kostenansatz nebst Kostenrechnung aufgehoben, weil der Zuschlag erst im 4. Versteigerungstermin zu einem Meistgebot von lediglich 710.000 EUR erteilt und der Grundbesitz durch Kaufvertrag vom 2004/2005 nur für einen Kaufpreis von 1,3 Mio. EUR veräußert werden konnte. Hierin hat das LG besondere Umstände gesehen, die es rechtfertigten, den zugrunde liegenden Geschäftswert nicht nach der im Zwangsversteigerungsverfahren vorgenommen und nach den Ausführungen des Senats im Beschl. v. 6.6.2002 (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.6.2002 - 10 W 50/02, OLGReport Düsseldorf 2002, 446 = Rpfleger 2002, 592) grundsätzlich maßgeblichen Verkehrswertfestsetzung zu bemessen.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Landeskasse, nach deren Auffassung der Geschäftswert trotz der vom LG angeführten Gründe - wie im ursprünglichen Kostenansatz erfolgt - nach dem im Zwangsversteigerungsverfahren festgesetzten Verkehrswert zu bemessen sei.

II. Die unter dem 9.8.2005 eingelegte weitere Beschwerde der Landeskasse (Bl. 99, 101 f. GA) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 28.7.2005 (Bl. 95 f. GA) ist gem. § 14 Abs. 5 KostO kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts zum Nachteil der Kostenschuldnerin beruht.

Der für die Grundbucheintragung des Erstehers eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung zugrunde zu legende Geschäftswert bemisst sich nach den Vorschriften der §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO und ist - soweit sich wie hier ausreichende Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Wert vorliegen - ein Ermessenswert (OLG Düsseldorf v. 6.6.2002 - 10 W 50/02, OLGReport Düsseldorf 2002, 446 = Rpfleger 2002, 592; OLG München Rpfleger 2002, 282 f.; OLG Frankfurt v. 26.7.2004 - 20 W 62/2004, OLGReport Frankfurt 2005, 108). Dieser kann im Rahmen der weiteren Beschwerde als Rechtsbeschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob die zugrunde liegenden Tatsachen ausreichend ermittelt und das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden sind. Die Ausführungen des LG lassen insoweit keine Rechtsfehler erkennen.

1. Für den Fall, dass die Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch auf einem Zuschlag in der Zwangsversteigerung beruht, hat der Senat in seinem Beschl. v. 6.6.2002 (OLG Düsseldorf v. 6.6.2002 - 10 W 50/02, OLGReport Düsseldorf 2002, 446 = Rpfleger 2002, 592) ausgeführt, dass sich der Wert des Grundstücks i.S.d. § 19 Abs. 1 KostO im Grundsatz nicht aus dem Meistgebot ergebe, sondern dass als Wert der gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzte Verkehrswert maßgeblich sei; auf einem Sachverständigengutachten beruhende Wertfestsetzungen gem. § 74a Abs. 5 ZVG seien grundsätzlich als Grundlage für die Wertermittlung nach Maßgabe des § 19 KostO geeignet; der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert entspreche regelmäßig dem jeweiligen Betrag, der in der konkreten Situation auf dem Grundstücksmarkt als Kaufpreis zu erzielen sei. Der Senat hat seinerzeit ausdrücklich offen gelassen, ob von diesem Grundsatz in bestimmten, klar umrissenen Ausna...

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