Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschlagnahme sichergestellter Waffen ist im Gefahrenabwehrrecht nicht vorgesehen und daher unzulässig.
2. Gegen die Anordnung der Beschlagnahme ist der Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben und dort das Rechtsmittel nach den Vorschriften des FamFG zulässig.
Normenkette
WaffG §§ 45, 46 Abs. 3, § 45 Abs. 4; PolG NRW § 42 Abs. 1 S. 3; FamFG §§ 58 ff.
Verfahrensgang
AG Krefeld (Beschluss vom 23.12.2013; Aktenzeichen 23 AR 99/13) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird - nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe zu II. 3. - aufgehoben.
Gründe
I. Mit Attest vom 19.12.2013 teilte der Chefarzt einer Klinik für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, in der der Beteiligte zu 1. untersucht worden war, mit, dieser leide an einer Demenzerkrankung; seine Angehörigen hätten berichtet, er sei Sportschütze, verfüge über einen Waffenschrank, und er selbst habe angegeben, 80.000 Schuss Munition vorrätig zu haben; sein äußerst wechselhaftes Verhalten im Rahmen der Krankheit mit Gedächtnisstörungen und Entscheidungsunfähigkeit begründe im Zusammenhang mit der Möglichkeit, Waffen zu nutzen, eine unmittelbare Gefahr für das Leben anderer Menschen, wohingegen ohne einen Zugriff auf Waffen lediglich eine weitere Behandlungsbedürftigkeit bestehe. Am 20.12.2013 betraten Mitarbeiter der Polizeibehörde (im Folgenden: der Beteiligten zu 2.) das Eigenheim des Beteiligten zu 1. und stellten in seiner Anwesenheit sowie in Gegenwart seiner Lebensgefährtin sechs Waffen sicher. Mit Meldung vom gleichen Tage erklärte die Beteiligte zu 2., anzustreben sei eine dauerhafte Einbehaltung der Waffen sowie der Entzug des Waffenscheins des Beteiligten zu 1.
Die Beteiligte zu 2. leitete den Vorgang dem AG zu "mit der Bitte um Beschluss zur Beschlagnahmung der Waffen" des Beteiligten zu 1. Durch die angefochtene Entscheidung hat das AG die Beschlagnahme der durch die Beteiligte zu 2. sichergestellten Waffen angeordnet und zur Begründung ausgeführt: Der Beteiligte zu 1. leide unter einer krankhaften Persönlichkeitsveränderung und stelle nach ärztlicher Einschätzung im Zusammenhang mit Waffen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter dar, die Einweisung nach dem PsychKG stehe an. Deshalb sei davon auszugehen, dass ihm die waffenrechtliche Erlaubnis mangels Zuverlässigkeit entzogen werde.
Unter dem 13.1.2014 hat die Beteiligte zu 2. den Beteiligten zu 1. angeschrieben und ausgeführt, er sei im Besitz von vier Waffenbesitzkarten und aufgrund dessen von sechs Waffen; es sei beabsichtigt, die Waffenbesitzkarten als waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen, weil der Beteiligte zu 1. nicht mehr über die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung verfüge.
Mit am 16.1.2014 bei Gericht eingegangener Schrift seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 15.1.2014 legt der Beteiligte zu 1. gegen den Beschlagnahmebe-schluss des AG Beschwerde ein und begründet diese damit, er besitze die Waffen aufgrund waffenrechtlicher Erlaubnis, sei Sportschütze und benötige die Waffen zur Teilnahme an Wettkämpfen; auch sei derzeit fraglich, ob eine Einweisung nach dem PsychKG erfolge, ein ähnlicher Antrag sei durch das Vormundschaftsgericht in Krefeld vor kurzer Zeit abgelehnt worden. Die Beteiligte zu 2. tritt dem Rechtsmittel entgegen und verweist in ihrer Erwiderung vom 20.1.2014 u.a. darauf, die Einschätzung der persönlichen Eignung des Beteiligten zu 1. im Sinne des Waffengesetzes sei unabhängig von einer etwaigen Einweisung nach dem PsychKG.
Mit weiterem Beschluss vom 20.1.2014 hat das AG dem Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
II. Das als befristete Beschwerde statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. hat in der Sache einen formalen Erfolg.
1. Das Waffenrecht ist speziell geregeltes öffentliches Sicherheitsrecht. Danach ergeben sich die behördlichen Eingriffs- und Befugnisnormen in erster Linie aus den gesetzlichen Spezialermächtigungen des WaffG, lediglich ergänzend finden die Vorschriften des Polizeirechts sowie des allgemeinen Ordnungsbehördenrechts Anwendung. Die Rücknahme und den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis, insbesondere deren Voraussetzungen, regelt § 45 WaffG. In § 46 WaffG ist bestimmt, was im Falle einer derartigen Rücknahme oder eines Widerrufs mit den Erlaubnisurkunden und mit Waffen oder Munition im Besitz des ehemals Berechtigten zu geschehen habe. Dabei trifft § 46 Abs. 3 WaffG Bestimmungen zum sog. Fristsetzungsverfahren gegenüber dem Betroffenen, § 46 Abs. 4 WaffG regelt das Vorgehen gegen ihn ohne Durchführung des Fristsetzungsverfahrens durch sofortige Sicherstellung von Waffen oder Munition. Für die Durchsetzung dieser sofortigen Sicherstellung enthält § 46 Abs. 4 Satz 2 WaffG eine Spezialermächtigung. Danach sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung des...