Tenor

  • 1.

    Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin zu tragen. Ihre Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer haben die Verfahrensbeteiligten jeweils selbst zu tragen.

  • 2.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen die Antragsgegnerinnen; das gilt auch für das Verfahren nach § 115 Abs. 3 und § 118 Abs. 1 S. 3 GWB.

 

Gründe

I.

Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Bundesrepublik Deutschland. Sie schrieben mit Rundschreiben vom 03. August 2007 und durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 06. August 2007 unter dem Titel "Arzneimittel-Rabattverträge 2008/2009" Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V aus. Vertragspartner sollten sämtliche Allgemeinen Ortskrankenkassen werden, wobei die AOK Baden-Württemberg als "federführend handelnder Vertragspartner" bezeichnet wurde. Die Ausschreibung erstreckte sich auf insgesamt 83 Wirkstoffe. Je Wirkstoff sollte ein Rabattvertrag mit drei Unternehmen, bei bestimmten verordnungsstarken Wirkstoffen mit vier Unternehmen geschlossen werden. Die Bieter sollten einen bestimmten Prozentsatz angeben, um den ein näher erläuterter Schwellenwert unterschritten werden sollte. Der absolute Rabattbetrag berechnete sich sodann nach einer bestimmten mathematischen Formel, wobei eine Kappungsgrenze bestand. Kriterien für die Auswahl der Angebote je Wirkstoff waren eine näher bezeichneten Produktbreite und Wirtschaftlichkeit. Die Vertragspartner hatten nach § 6 Abs. 3 des Vertrages die Lieferfähigkeit der vereinbarten Arzneimittel an den Großhandel zu gewährleisten und nach § 7 des Vertrages bei Lieferausfällen bestimmte Vertragsstrafen zu bezahlen.

An der Ausschreibung beteiligte sich eine Vielzahl von Unternehmen, die Angebote auf einen oder mehrere Wirkstoffe abgaben. Darunter befand sich auch die Antragstellerin mit Angeboten für 15 Wirkstoffe. Mit Schreiben vom 14. September 2007 teilten die Antragsgegnerinnen den Unternehmen das Ergebnis mit. Verschiedene Angebote wurden wegen unzureichender Produktbreite oder unzureichender Wirtschaftlichkeit abgelehnt. Die Antragstellerin war mit keinem ihrer Angebote erfolgreich. Mit Schreiben vom 20. September 2007 rügte die Antragstellerin Vergabefehler, was die Antragsgegnerinnen unter dem 24. September 2009 zurückwies.

Daraufhin riefen mehrere nicht berücksichtigte Unternehmen die ihrer Ansicht nach zuständigen Vergabekammern an, und zwar u.a. die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK-31/2007-L) sowie die Vergabekammer des Bundes (VK 2 - 102/07, VK 2 - 105/07, VK 2 - 108/07, VK 2 - 114/07, VK 2 - 117/07, VK 2 - 120/07 und VK 2 - 123/07).

Die jeweiligen Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, bei den Antragsgegnerinnen handele es sich um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, weil sich von Gebietskörperschaften - mittelbar - durch Krankenversicherungsbeiträge finanziert würden und staatlicher Aufsicht unterworfen seien. Der Gegenstand der Ausschreibung betreffe öffentliche Lieferaufträge im Sinne des § 99 Abs. 2 GWB. Die Anwendbarkeit des Vergaberechts werde durch § 69 SGB V nicht in Frage gestellt; diese Vorschrift sei vielmehr unter Zugrundelegung der Gesetzgebungsgeschichte und unter Berücksichtigung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EG L 134 S. 114 vom 30.04.2004 - zukünftig nur VKR genannt) einschränkend auszulegen. Für die Nachprüfung der Vergabeentscheidung seien nach § 104 GWB die Vergabekammern und - trotz der Vorschriften der § 51 SGG, § 130a Abs. 9 SGB V - nicht die Sozialgerichte zuständig, wie auch die Gesetzgebungsgeschichte ergebe. Die Vergabekammer des Bundes sei zuständig, weil der Bund die Finanzierung der Krankenkassen gewährleiste. Die Zuständigkeit der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf wurde damit gerechtfertigt, bei mehreren Auftraggebern sei die Vergabekammer eines jeden in Frage kommenden Landes zuständig.

In der Sache haben die Bieter verschiedene Vergaberechtsfehler gerügt. Es fehlten Angaben zu dem zu erwartenden Lieferumfang für die Wirkstoffe. Das Kriterium Produktbreite sei nicht hinreichend klar beschrieben und intransparent. Den Bietern werde ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt. Nach § 5 VOL/L hätten regionale Lose gebildet werden müssen. Die Ausschreibung sei nicht EU-weit erfolgt. Es fehlten Kriterien für die Vergabe der Einzelaufträge. Die Antragsgegnerinnen bildeten ein unzulässiges Einkaufskartell. Sie hätten nicht dafür gesorgt, dass nicht auskömmliche Angebote ausgeschlossen würden. Schließlich genüge die Vorabinformation der Antragsgegnerinnen nicht der Vorschrift des § 13 VgV.

Die Antragsgegnerinnen sind dem entgegen getreten.

Die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB seien nicht einschlägig. Sie seien bereits nicht als öffentl...

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