Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Rechtsanwalt beauftragt, den Abschluss eines Darlehensvertrages mit einer Bank zu von dieser angeblich zugesagten Konditionen herbeizuführen, weil dem Mandanten nur ein ungünstigeres Darlehensangebot einer anderen Bank vorliegt, so beschränkt sich der Gegenstandswert der Tätigkeit auf die Zinsdifferenz.
2. Erhält der Rechtsanwalt den Auftrag, bezüglich eines Versicherungsantrags das vereinbarte Widerrufsrecht des Mandanten auszuüben, ist die Tätigkeit nach den Wertvorschriften des GKG zu bemessen.
3. Zur Berechnung des Mehrvertretungszuschlags nach RVG-VV Nr. 1008
Normenkette
BGB §§ 675, 611; ZPO §§ 3, 9; RVG § 23; GKG §§ 41, 48; RVG-VV Nr. 1008
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 97/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Den Klägern wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der für den 15.12.2009 geplante Senatstermin findet nicht statt.
Gründe
Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat aufgrund von Rechenfehlern und einer in Teilen fehlerhaften Rechtsanwendung den Klägern deutlich mehr Honorar zugesprochen, als ihnen zusteht. Denn insgesamt beläuft sich der Anspruch auf nur 4.178,80 EUR und nicht auf die vom LG zuerkannten 5.869,88 EUR. Zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung besteht deshalb kein Anlass. Sie ist dem Senat auch nicht möglich, denn die Beklagten haben Anschlussberufung nicht eingelegt.
A. Die Kläger wenden sich mit ihrer Berufung gegen die in Ansatz gebrachten Gegenstandswerte, die vom LG teilweise unzutreffend ermittelt wurden. Darüber hinaus enthalten die Abrechnungen weitere Fehler, die zu einer Reduzierung der Honoraransprüche führen. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:
I. Das LG ist bei der Bemessung des Gegenstandswerts für die Tätigkeit der Kläger ggü. der A. Aktienbank AG (im Folgenden: Aktienbank) zwar fälschlich von einem Gegenstandswert von 138.600 EUR ausgegangen, denn richtigerweise hätten 139.960,80 EUR berücksichtigt werden müssen. Dieses Versehen hat sich indes nicht ausgewirkt, denn das LG hat insoweit zutreffend den gemäß Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG angesetzten Gebührenrahmen bis 140.000 EUR in Ansatz gebracht.
1. Der Gegenstandswert für die Tätigkeit der Kläger bei der Beratung und Vertretung der Beklagten ggü. der Aktienbank zum Abschluss von Darlehensverträgen über eine Summe von 1.110.800 EUR (und nicht, wie vom LG zugrunde gelegt von 1.000.000 EUR) bemisst sich, wie vom LG ansonsten zutreffend zugrunde gelegt, nach der Zinsdifferenz zwischen dem von den Beklagten gewünschten, in der Finanzierungsanfrage vom 2.3.2006 genannten effektiven Zinssatz von 4,22 % und den von der Aktienbank unter dem 7.8.2007 angebotenen effektiven Zinssätze von höchstens 5,48 %. Diese Differenz von 1,26 % (im Urteil fälschlich als 1,62 % bezeichnet, rechnerisch wurden aber 1,26 % zugrunde gelegt) ergibt, bezogen auf die jährliche Zinslast, einen Betrag von 13.996,08 EUR und im Hinblick auf eine zehnjährige Zinsfestschreibung dann 139.960,80 EUR. Da es sich um eine Wertschätzung nach § 3 ZPO handelt, ist es, auch im Hinblick auf § 4 ZPO vertretbar, die Zinseszinseffekte außer Betracht zu lassen.
Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung ist indes nicht der Gesamtbetrag der Darlehenssummen als Gegenstandswert in Ansatz zu bringen, sondern lediglich die Zinsdifferenz. Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswerts sind die §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. Denn die Tätigkeit der Kläger für die Beklagten hätte auch Gegenstand einer gerichtlichen Tätigkeit sein können. Dabei ist auf den Streitwert für ein entsprechendes Gerichtsverfahren abzustellen, da die anwaltliche Tätigkeit auch in einem Gerichtsverfahren hätte entfaltet werden können (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2005, 1140 = OLGR 2005, 693 sub II. 2b, dd, ferner Urt. v. 10.3.2009 - I-24 U 150/08n. v.). Dafür genügt es, dass ohne eine außergerichtliche Regelung die gerichtliche Auseinandersetzung der Beteiligten unumgänglich wäre und dass zwischen der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und derjenigen in einem etwaigen nachfolgenden Gerichtsverfahren ein innerer Zusammenhang bestehen würde (BGH NJW 1997, 188; OLG Düsseldorf OLGR 2005, 651; 2006, 171; NJW-RR 2007, 129 ff.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
Die Kläger haben nämlich für die Beklagten ggü. der Aktienbank mit Schreiben vom 20.8.2007 geltend gemacht, man habe sich auf niedrigere Zinssätze verständigt und diese Absprache sei verbindlich gewesen. Auch wenn entgegen der vom LG vertretenen Auffassung noch keine Darlehensverträge geschlossen worden waren, so bestanden zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen und damit ein Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 BGB, weshalb Schadensersatzansprüche der Beklagten gem. § 280 Abs. 1 BGB möglicherweise entstanden waren.
2. Eine gem. §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu treffende Wertfestsetz...