Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Befristung gem. § 1578b Abs. 2 BGB trotz Nichterreichens des angemessenen Lebensbedarfs
Leitsatz (amtlich)
Einer im Übrigen gebotenen Befristung nach § 1578b Abs. 2 BGB steht nicht entgegen, dass der angemessene Lebensbedarf i.S.v. § 1578b Abs. 1 BGB (hier: Existenzminimum für Nichterwerbstätige) nicht durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten sicher gestellt werden kann.
Verfahrensgang
AG Erkelenz (Beschluss vom 17.06.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Erkelenz vom 17.6.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die notarielle Urkunde des Notars W. vom 16.6.1998 - UR. Nr. 843/1998 - wird dahin gehend abgeändert, dass die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers für den Zeitraum ab 14.4.2010 entfällt.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Antragsgegnerin.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 16.6.1998 wird ohne Sicherleistung einstweilen eingestellt (§§ 242 FamFG, 769 ZPO).
Gründe
I. Vor der Eheschließung lebte die Antragsgegnerin seit 1983 zumeist von Sozialleistungen (Bl. 19, 24 GA).
Der 1935 geborene Antragsteller und die am 1940 geborene Antragsgegnerin heirateten 1991 (Bl. 3 GA). Aus der Ehe sind keine Kinder hervor gegangen. Der Antragsteller war bis 1992 erwerbstätig und wechselte sodann in den Vorruhestand (Bl. 19 GA). Mit notarieller Urkunde vom 16.6.1998 verpflichtete er sich zur Zahlung auch nachehelichen monatlichen Unterhalts i.H.v. 1.206 DM = 616,62 EUR (Bl. 8 GA). Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Antragsteller über eine monatliche Rente i.H.v. 2.908,82 DM (Bl. 43 GA: Auszahlungsbetrag) und es bestand bereits eine Kreditverpflichtung (vgl. Bl. 37, 38 GA).
Die Beteiligten trennten sich spätestens im Februar 2005 (Bl. 18 GA); ein seinerzeitiger Ehescheidungsantrag der Antragsgegnerin ist mit Urteil vom 15.7.2005 zurückgewiesen worden (S. 23 GA) und ihre Ehe ist dann schließlich durch Urteil des AG Erkelenz vom 12.8.2008, rechtskräftig seitdem, geschieden worden, der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich, mit welchem der Antragsgegnerin monatliche gesetzliche Rentenanwartschaften von insgesamt knapp 58 EUR monatlich bezogen auf den 30.4.2008 übertragen worden sind, ist ebenfalls durchgeführt worden.
Über das Vermögen des Antragstellers ist mit Beschluss vom 26.9.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Bl. 10 GA), wobei die Beteiligten über die Ursachen der Insolvenz streiten. Er bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente von 1.401,39 EUR, wobei ein Teil gepfändet wird (seitens der Antragsgegnerin, Bl. 4, 7 GA). Daneben erhält er eine geringe betriebliche Altersversorgung von monatlich 75,18 EUR (Bl. 46, 48 GA). Die Antragsgegnerin bezieht eine monatliche Rente i.H.v. 308,08 EUR.
Der Antragsteller begehrt den Wegfall der notariell vereinbarten Unterhaltsverpflichtung ohne ausdrücklich einen Beginnzeitpunkt zu nennen. Er hatte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25.8.2009 insoweit ergebnislos zu einem Verzicht auffordern lassen (Bl. 3 GA). Hilfsweise begehrt er eine Befristung. Die Antragsgegnerin pfändet das Renteneinkommen i.H.v. 411 EUR (Bl. 40, 45 GA) sowie einem weiteren geringen Betrag. Sie verzichtete auf einen Unterhaltsrückstand aus dem Jahre 2005 und seit April 2009 macht sie unter Verzicht auf weiter gehende Rechte nur noch monatlich insgesamt 439,03 EUR geltend (Bl. 46, 52 GA).
Mit Beschluss vom 17.6.2010 (Bl. 55 GA) hat das AG den Abänderungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, hinsichtlich eines über 411 EUR oder 439,03 EUR hinaus gehenden Anspruchs bestehe auch trotz des Verzichts kein Anlass zur Abänderung; ein solcher Streit wäre über eine Vollstreckungsgegenklage auszutragen. Im Übrigen bestehe auch kein Abänderungsanspruch, weil unter Wahrung des Selbstbehalts ein Unterhaltsanspruch von monatlich rechnerisch 477 EUR bestehe und die Antragsgegnerin demgegenüber weniger verlange. Insoweit scheide eine Begrenzung oder Befristung nach § 1578b BGB aus, weil der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin die untere Grenze darstelle, welche sie mit dem Anspruch nicht einmal erreiche.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er trägt hierzu unter Verweis auf obergerichtliche Rechtsprechung vor, mit Ausdehnung der Befristungsmöglichkeit habe der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass sich hieraus ergebende Bedürftigkeiten der Unterhaltsverlangenden von der Solidargemeinschaft zu tragen seien. Selbst bei einer entsprechenden Grenze für die Begrenzung sei eine Befristung nach § 1578b Abs. 2 BGB vorzunehmen, wobei allerdings mit dem angemessenen Lebensbedarf derjenige gemeint sei, den der Begehrende vor der Eheschließung gehabt habe.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des AG Erkelenz vom 17.6.2010 abzuändern und die notarielle Urkunde des Notars W. vom 16.6.1998, UR.-Nr. 843/1998 dahin gehend abzuändern, dass er an die Antra...