Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag: Auslegung der Bestimmung über die Beendigung der Testamentsvollstreckung mit dem Tode des Testamentsvollstreckers. hypothetischer Wille des Erblassers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung im Erbvertrag, dass die (auf die Verwaltung des Geschäftsanteils an einer GmbH und des Kommanditanteils an einer KG beschränkte) Testamentsvollstreckung mit dem Tode des Testamentsvollstreckers enden soll, kann dahin verstanden werden, dass dessen Tod allein den Zeitpunkt für den Fortfall des Anlasses der Testamentsvollstreckung kennzeichnen oder personenbezogen gemeint sein soll.
2. Bietet der Erbvertrag keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung des wirklichen Willens, so kann ein hypothetischer Wille des Erblassers (hier: bei Geschäftsunfähigkeit des Testamentsvollstreckers die Testamentsvollstreckung durch einen Dritten bis zum Tode des Testamentsvollstreckers fortdauern zu lassen) nur bei entsprechender Andeutung im Erbvertrag angenommen werden.
Normenkette
BGB §§ 2201, 2225, 2227, 2231, 2247, 2276
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 21.07.2011; Aktenzeichen 4 VI 28/11) |
Tenor
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 4.000 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 ist die Witwe, die Beteiligten zu 2 bis 4 sind die Kinder des am 14.1.2004 verstorbenen Erblassers.
Der Erblasser hatte mit der Beteiligten zu 1 unter dem 10.4.1975 einen Erbvertrag geschlossen (UR-Nr. 144/1975 Notar G. in Duisburg). Darin hat er seine Ehefrau zur Testamentsvollstreckerin hinsichtlich der Verwaltung des Geschäftsanteils an der Geschwister F. GmbH ernannt. Die Bestellung endet mit dem Tod der Testamentsvollstreckerin. Der Beteiligten zu 1 ist unter dem 15.7.2004 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (4 VI 370/04).
Die Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 unter dem 22.6.2004 eine Generalvollmacht erteilt (UR-Nr. 405/2004 Notar Dr. R. in Duisburg).
Die Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht, der Erbvertrag sei so zu verstehen, dass der Erblasser Testamentsvollstreckung unabhängig von der jeweiligen Person angeordnet habe. Da die Beteiligte zu 1 nicht mehr geschäftsfähig sei, müsse in Ermangelung einer anderweitigen Bestimmung das Nachlassgericht einen neuen Testamentsvollstrecker bestellen.
Den entsprechenden Antrag hat das AG - Nachlassgericht - mit Beschluss vom 21.7.2011 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Nachlassgericht sei nicht befugt, anstelle der bestellten Testamentsvollstreckerin einen anderen Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Der Erblasser habe die Beteiligte zu 1 bis zu deren Tod als Testamentsvollstreckerin bestimmt. Den Fall, dass sie ihr Amt nicht mehr ausüben kann, habe er nicht bedacht. Von der Möglichkeit, eine Regelung gem. § 2199 BGB zu treffen oder die an das Vorliegen bestimmter Bedingungen (z.B. Geschäftsunfähigkeit des bestellten Testamentsvollstreckers) geknüpfte Ernennung eines (Ersatz-) Testamentsvollstreckers dem Nachlassgericht zu übertragen, habe er trotz notarieller Beratung keinen Gebrauch gemacht. Das Ersuchen des Erblassers müsse nicht ausdrücklich erfolgen. Es genüge, dass sich durch gegebenenfalls ergänzende Auslegung ein darauf gerichteter Wille feststellen lasse [vgl. Palandt, BGB, 68. Aufl., § 2200 Rz. 2 mit Nachweisen]. Die Ernennung einer bestimmten Person enthalte nicht ohne weiteres auch ein Ersuchen an das Nachlassgericht für den Fall, dass die bestimmte Person das Amt nicht annimmt (a.a.O., § 2200 Rz. 2). Der Erbvertrag vom 10.4.1975 biete keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung in dem von der Beteiligten zu 2 gewollten Sinn. Dass der Erblasser nicht auf jeden Fall eine Testamentsvollstreckung gewollt habe, folge bereits daraus, dass die Testamentsvollstreckung mit dem Tod seiner Ehefrau habe enden sollen. Hätte der Erblasser die Fortführung der Testamentsvollstreckung gewollt, würde es nahe gelegen haben, insoweit Vorsorge zu treffen. Der nunmehr (nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) eingetretene ungeregelte Fall der Geschäftsunfähigkeit der Testamentsvollstreckerin sei dem geregelten Fall ihres Todes gleichzusetzen.
Falls der Sachvortrag der Beteiligten zu 2 zutreffe und die Beteiligte zu 1 geschäftsunfähig geworden sein sollte, wäre ihr Amt gem. §§ 2225, 2201 BGB erloschen. Einer Entlassung im Verfahren des § 2227 BGB bedürfe es dann nicht. Es sei mithin ausschließlich Angelegenheit der Erben, untereinander eine Regelung im Hinblick auf die Verwaltung der Fey GmbH zu finden. Das Nachlassgericht habe keine allgemeine Hilfszuständigkeit im Nachlassinteresse, wenn ein Erbenstreit bestehe [Palandt, a.a.O., § 2200 Rz. 1 mit Nachweis].
Hiergegen beschwert sich die Beteiligte zu 2 und macht geltend, in Ermangelung einer anderweitigen Bestimmung sei die Ersetzung des Testamentsvollstreckers Aufgabe des Nachlassgerichts.
Der Erblasser habe die Beteiligte zu 1 bis zu deren Tod als Testamentsvollstreckerin bestimmt; der Fall, dass die Beteiligte zu 1 ihr Amt nicht mehr ausü...