Leitsatz (amtlich)
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Einschränkung des § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV auch im Rahmen des § 58 Abs. 1 GKG berücksichtigt wissen will.
Normenkette
GKG § 58; InsO §§ 63, 65; InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4b
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 08.04.2010; Aktenzeichen 145 IN 83/05) |
AG Wuppertal (Beschluss vom 24.02.2010; Aktenzeichen 145 IN 83/05) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 8.4.2010 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss des AG Wuppertal vom 24.2.2010 - Rechtspflegerin - wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 23.4.2010 (Bl. 446 GA) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 8.4.2010 (Bl. 440 ff. GA) ist gem. § 66 Abs. 4 GKG zulässig. Sie erweist sich als begründet. Zu Recht beanstandet die Landeskasse, dass auf die Beschwerde des Insolvenzverwalters der Kostenansatz des AG Wuppertal vom 16.12.2009 (Bl. II GA) aufgehoben und der Kostenbeamte angewiesen worden ist, die Gebühren gemäß GKG KV-Nrn. 2310 und 2320 nach einem Wert von 277.149,33 EUR (statt 487.448,99 EUR) zu berechnen. Entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters und des LG ist der erfolgte Kostenansatz rechtlich nicht zu beanstanden. Dort ist zutreffend ein Massewert von 487.448,99 EUR zugrunde gelegt, wie er im Schlussbericht des Insolvenzverwalters vom 10.11.2009, dort unter Ziff. II (Bl. 312 ff. GA) ausgewiesen ist.
Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung und die Durchführung des Insolvenzverfahrens werden gem. § 58 Abs. 1 GKG nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Eine Legaldefinition der Insolvenzmasse enthält der durch §§ 36, 37 InsO konkretisierte § 35 InsO. Es ist das gesamte dem Schuldner gehörende Vermögen zzgl. des von ihm während des Verfahrens erlangten Vermögens einschließlich der Früchte, Nutzungen und Zinsen. Führt der Insolvenzverwalter ein Geschäft des Schuldners weiter, ist dieses Geschäft nach seinem Wert zu berücksichtigen und nicht lediglich der nach Abzug der Geschäftsausgaben verbleibende Einnahmeüberschuss (vgl. Meyer, GKG, 11. Aufl., § 58 Rz. 3 GKG).
Der Senat folgt nicht der vom LG vertretenen Auffassung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Berechnung der Gerichtsgebühren und der Verwaltervergütung derselbe in § 1 InsVV konkretisierte Wert zugrunde gelegt werden sollte. Ein solcher Wille kann weder den entsprechenden Normen (§ 58 GKG, §§ 63, 65 InsO) noch den Gesetzesmaterialien entnommen werden.
Die Vergütung des Insolvenzverwalters ist grundsätzlich nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens zu berechnen, § 63 Abs. 1 S. 2 InsO. Der Gesetzgeber hat allerdings durch die Ermächtigung in § 65 InsO das Bundesministerium der Justiz ermächtigt, die Vergütung des Insolvenzverwalters durch Rechtsverordnung näher zu regeln, was durch die InsVV vom 19.8.1999 erfolgt ist, die wie die InsO (vgl. Art. 110 Abs. 1 EGInsO) zum 1.1.1999 in Kraft getreten ist. § 1 Abs. 1 InsVV knüpft an den Wert der Insolvenzmasse an, § 1 Abs. 2 InsVV enthält weitergehende Bestimmungen für die maßgebliche Masse, namentlich für: Massegegenstände, die mit Aussonderungsrechten belastet sind (Nr. 1), für abgefundene Aus- und Absonderungsrechte (Nr. 2) und für Forderungen, denen eine Gegenforderung gegenübersteht (Nr. 3); Kosten des Insolvenzverfahrens und sonstige Masseverbindlichkeiten werden grundsätzlich nicht abgesetzt, Ausnahmen hiervon gelten gem. Nr. 4 aber für die Vergütung wegen besonderer Sachkunde (a) und für den Fall der Fortführung des Unternehmens, in dem lediglich der Überschuss zu berücksichtigen sein soll (b). Der Regelungsgehalt des § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV stellt sich damit als Ausnahme dar und verringert den "Wert der Insolvenzmasse".
Die Gerichtskosten sind ebenfalls nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens zu berechnen, § 58 Abs. 1 S. 1 GKG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Einschränkung des § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV auch im Rahmen des § 58 Abs. 1 GKG berücksichtigt wissen will. Der Gesetzgeber hat weder im Gesetzgebungsverfahren einen entsprechenden Willen bekundet noch nach Erlass der InsVV eine § 1 Abs. 2 Nr. 4b entsprechende Ausnahmeregel für den Fall der Betriebsfortführung in § 58 Abs. 1 GKG aufgenommen.
Das LG stützt sich auf die Begründungen des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) der Bundesregierung vom 24.11.1992 (BT-Drucks. 12/3803, 72), in der es ausdrücklich heißt: "Für das einheitliche Insolvenzverfahren soll der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens maßgeblich sein, für die Erhebung der Gerichtskosten ebenso wie für die Berech...