Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bemessung des (sich nach §§ 1915 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB in Verbindung mit den Vorschriften des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes - VBVG - richtenden) Vergütungsanspruchs eines berufsmäßigen Nachlasspflegers hat das Nachlassgericht im Falle eines vermögenden (nicht mittellosen) Nachlasses grundsätzlich einerseits einen Stundensatz zu bestimmen, wobei gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschlaggebend auf die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Pflegers sowie auf die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte abzustellen ist, andererseits den Umfang dieser Geschäfte durch den konkreten Zeitaufwand, also die Zahl der zu vergütenden Stunden, zu berücksichtigen.
2. Zur Darstellung seines Vergütungsanspruchs hat der Nachlasspfleger eine Aufstellung über seinen Zeitaufwand vorzulegen und hierbei die zur Abrechnung gestellten Tätigkeiten zumindest stichwortartig anzugeben und in einem Umfang zu konkretisieren, der dem Gericht - ggf. unter Anforderung weiterer Nachweise - die Feststellung einer ungefähren Größenordnung des Zeitaufwandes für die entfalteten Tätigkeiten ermöglicht und so zur Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO gemacht werden kann.
3. Ein Vergütungsanspruch besteht nicht für Tätigkeiten, die der Nachlasspfleger vor seiner Verpflichtung (und Unterrichtung über seine Aufgaben) durch das Nachlassgericht sowie nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft erbracht hat; eine Honorierung vor der Verpflichtung erbrachter Tätigkeiten lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben rechtfertigen.
Normenkette
BGB §§ 242, 1836 Abs. 1 Sätze 2-3, § 1915 Abs. 1 Sätze 1-2; VBVG
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach-Rheydt (Aktenzeichen 12 VI 382/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der angefochtene Beschluss geändert.
Die dem Beteiligten zu 1 zu bewilligende Vergütung wird auf 5.435,32 EUR festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 9.206,26 EUR
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 wurde mit Beschluss vom 10. Juli 2013 zum Nachlasspfleger über den Nachlass des Erblassers bestellt. Die Nachlasspflegschaft werde berufsmäßig geführt. Das Nachlassgericht bestimmte weiter, dass der Vergütungsanspruch erst erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach Aufheben der Pflegschaft geltend gemacht werde; nach der Frist geltend gemachte Ansprüche würden erlöschen. Am 31. Oktober 2013 erklärte sich der Beteiligte zu 1 zur Annahme des Amtes bereit und wurde vom Nachlassgericht mündlich verpflichtet und über seine Aufgaben unterrichtet.
Nachdem die Beteiligten zu 2 und 3 als Erben feststanden, hob das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft mit Beschluss vom 3. April 2018 auf. Mit Schrift vom 12. Juli 2018 reichte der Beteiligte zu 1 einen Vergütungsantrag bezogen auf seine Tätigkeit im Zeitraum vom 11. Juli 2013 bis zum 3. April 2018 ein und bat um Festsetzung eines Gesamtbetrages von 9.206,13 EUR brutto. Dazu führte er einen Betrag von 173,78 EUR für Auslagen an. Unter Bezugnahme auf eine beigefügte Tätigkeitsaufstellung errechnete der Beteiligte zu 1 für insgesamt 108:26 Stunden auf der Grundlage eines Stundensatzes von 70,- EUR zzgl. MwSt. einen auf jeden Erben entfallenden Vergütungsanteil in Höhe von 3.795,16 EUR zzgl. 721,08 EUR Mehrwertsteuer.
Der Beteiligte zu 2 erhob verschiedene Einwände gegenüber dem Vergütungsantrag; die Beteiligte zu 3 erklärte, in materieller Hinsicht keine Einwände gegen die Zahlung von 4.603,13 EUR zu erheben.
Mit Verfügung vom 22. August 2018 erteilte das Nachlassgericht verschiedene Hinweise, unter anderem den Hinweis darauf, dass bei der Festsetzung der Vergütung nur die Tätigkeiten zu berücksichtigen seien, die nach der Verpflichtung des Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht erfolgt seien. Mit weiterer Verfügung vom 16. November 2018 wies es ergänzend darauf hin, dass der vom Beteiligten zu 1 eingereichte Vergütungsantrag in weiten Teilen unverständlich und widersprüchlich und deshalb einer Überprüfung nicht zugänglich sei. Er sei mathematisch ungenau; von der genannten Korrespondenz seien 20 bis 30 Schriftsätze nicht zur Nachlassakte gelangt; die Aufgabengebiete seien teilweise beliebig zusammengefasst und die einzelnen Daten nicht chronologisch aufgeführt.
Mit Schreiben vom 17. November 2018 nahm der Beteiligte zu 1 zu dem Hinweis betreffend die Abrechnung seiner Korrespondenztätigkeit Stellung und bat im übrigen um Fristverlängerung. Nachdem Vergleichsgespräche zwischen den Beteiligten gescheitert waren, reichte die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 eine ergänzende Stellungnahme vom 17. April 2019 ein, in der sie die vom Beteiligten zu 2 erhobenen Einwände zurückwies und an dem bereits abgerechneten Vergütungsanspruch für 108 Stunden und 26 Minuten à 70,- EUR zzgl. MwSt. zzgl. Auslagen festhielt. Dazu rei...