Tenor
1.
Die Sache wird wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem Senat übertragen.
2.
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
3.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1.
Die Strafkammer hat in einer Berufungshauptverhandlung am 9. August 2005 die Zeugin P............ vernommen, bei der es sich um eine Polizeibeamtin im Schicht- und Wechseldienst handelt, die den Termin in ihrer Freizeit wahrgenommen hat. Sie erhält durch ihren Dienstherrn, das Land Nordrhein-Westfalen, einen nachträglichen Freizeitausgleich für die Wahrnehmung des Termins. Verdienstausfall für die Zeit ihrer Heranziehung als Zeugin hat sie nicht. Die Strafkammer hat durch den angefochtenen Beschluss die Entschädigung der Zeugin auf 19,50 EUR festgesetzt, und hierbei insbesondere neben der unstreitigen Wegstreckenentschädigung und Parkgebührenersatz eine Nachteilsentschädigung für zwei Stunden in Höhe von insgesamt 6, - Euro gemäß § 20 Justizvergütungs-und-Entschädigungsgesetz (JVEG)zuerkannt. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Krefeld mit der zulässigen, jedoch sachlich nicht begründeten Beschwerde.
2.
Die Sache war wegen ihrer zumindest für den Zuständigkeitsbereich des Senats grundsätzlichen Bedeutung diesem in seiner vollen Besetzung zuzuweisen (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
3.
Gemäß § 20 JVEG beträgt die Entschädigung für Zeitversäumnis eines Zeugen 3 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, dem Zeugen ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden. Der hier verwendete Begriff des Nachteils deckt schon nach seinem Wortlaut - ganz sicher aber auch seinem Sinne nach - auch immaterielle Nachteile ab, die durch Zeitversäumnis entstanden sind. Schon das verkennt der Bezirksrevisor in seiner Beschwerdebegründung, war aber schon die durchaus herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung zum früheren ZSEG (vgl. Bleutge ZSEG, 3, Aufl. 1995, § 2 Rdn. 21 m.w.N., Hartmann, Kostengesetze,33. Aufl. Rdn. 25 zu § 2 ZSEG: "Diese Entschädigung ist natürlich keine vollwertige Abgeltung der immateriellen Nachteile. Sie stellt vielmehr nur eine gewisse Anerkennung der Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht dar").
Die Einschränkung bezüglich des ersichtlich nicht eingetretenen Nachteils ist restriktiv in dem Sinne anzuwenden, dass grundsätzlich vom Eintritt eines Nachteils durch die Heranziehung auszugehen ist (Zimmermann, JVEG 2005, § 20 Rdn. 3). Der herangezogene Zeuge muss regelmäßig Arbeiten und sonstige Verrichtungen später nachholen, die er ansonsten während der Zeit seiner Heranziehung hätte erledigen können. Auch hätte er seine Freizeit anders verbringen können und sie nicht durch die Wahrnehmung eines Gerichts Termins auseinander reißen lassen müssen. Schon dies ist ungeachtet der Frage, ob er einen nachträglichen Freizeitausgleich bekommt oder nicht, als immaterieller Nachteil zu bewerten, der entschädigungspflichtig ist (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 23. Auflage 2005, § 22 Rdn. 22.13 mit Nachweisen) . Die Kammer hat zutreffend ausgeführt, dass Schichtdienst mit unterschiedlichen Dienstzeiten im Wechseldienst bekanntermaßen gesundheitlich besonders anstrengend ist und von dem Beamten/der Beamtin eine Anpassung an die jeweils geforderte Dienstzeit fordert. Dies führt dazu, dass den zwischen den Dienstzeiten liegenden Freizeiten eine besondere Bedeutung für die Erholung zukommt, u. a. damit der nachfolgende Dienst ausgeruht wieder angetreten werden kann. Dabei ist von besonderer Wichtigkeit, dass die zur Verfügung stehende Freizeit so gestaltet werden kann, dass sie die erforderliche Erholung auch bietet. Dazu gehört auch, dass sie nicht unnötig von dienstlichen Anforderungen unterbrochen wird. Durch die Heranziehung zu dienstlichen Aufgaben, insbesondere zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, wird die dringend benötigte Freizeit unterbrochen und damit ihr Erholungswert massiv herabgesetzt. Dieser kann naturgemäß auch nicht dadurch wieder ausgeglichen werden, dass Freizeitausgleich gewährt wird, da dieser - entsprechend den dienstlichen Möglichkeiten -erst zu einer späteren Zeit genommen werden kann. Auch wenn die Zeit des Zu- und Abgangs zu Gerichtsterminen (nachträglich) als Arbeitszeit gewertet wird (§ 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. August 1975, auf die sich die Leiterin des Dezernats 4 des Oberlandesgerichts in ihrer Stellungnahme bezieht), ändert dies am Eintritt eines Nachteils in Form von Freizeitbeeinträchtigung und damit im Sinne von § 20 JVEG nichts.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Fundstellen
Haufe-Index 2572921 |
ZBR 2007, 68 |