Leitsatz (amtlich)
Zur durch Auslegung der Vereinssatzung vorzunehmenden Abgrenzung zwischen einer die Allstimmigkeit der Mitglieder des eingetragenen Vereins erfordernden Änderung einer den Vereinszweck in seinem Kernbereich (hier: "... im Interesse des ... haus tätig zu sein und es zu unterstützen") tangierenden Satzungsbestimmung von einer mit 3/4 Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu beschließenden Anpassung der bisherigen Ziele im Sinne einer Zweckverfolgung mit modifizierten Mitteln unter Aufrechterhaltung des bisherigen, den Charakter des Vereins festlegenden obersten Leitsatzes der Vereinstätigkeit (hier: Änderung des Satzungswortlautes: "Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch ideelle und finanzielle Mithilfe bei der Förderung der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen des ...hauses..." durch Streichung der Worte "ideelle und" sowie Eröffnung der Mittelbeschaffung in Trägerschaft einer gemeinnützigen GmbH zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke)
Normenkette
BGB § 33 Abs. 1, § 57 Abs. 1; FamFG § 58 ff.; GmbHG § 4 S. 2
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach (Aktenzeichen VR 949) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 26. September 2019 aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, die am 11. März 2019 beantragte Eintragung der Satzungsänderung vorzunehmen.
Gründe
I. Im Rahmen der am 25. September 2018 abgehaltenen Jahreshauptversammlung haben die anwesenden Mitglieder des Beteiligten einstimmig die Änderung seiner Satzung beschlossen.
Zum einen wurde die Änderung von § 2 der Satzung, der Zweck und Aufgabe des Beteiligten regelt, beschlossen. § 2 der Satzung in der Fassung vom 20. September 2016, die als aktuell gültige Fassung im Vereinsregister eingetragen ist, ist der Vereinszweck wie folgt geregelt:
"Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung.
Zweck der Körperschaft ist die Förderung gemeinnütziger Zwecke, insbesondere die Förderung der Jugendhilfe und die Förderung der Hilfe für Zivilbeschädigte und behinderte Menschen.
Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch ideelle und finanzielle Mithilfe bei der Förderung der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen des ... hauses im Einvernehmen mit der Heimleitung.
Daneben ist der Zweck des Vereins auch die Beschaffung von Mitteln für die Einrichtung ...haus in Trägerschaft der gemeinnützigen "... GmbH" zur Verwirklichung seiner steuerbegünstigten Zwecke.
..."
Beschlossen wurde 25. September 2018 die Änderung des dritten Satzes von § 2 dahin, dass die Worte "ideelle und" gestrichen werden.
Zum anderen wurde die Ergänzung der bisherigen Satzung um eine neue Regelung zum Datenschutz, die als § 19 in die Satzung aufgenommen wurde, beschlossen.
Am 11. März 2019 hat die in der Mitgliederversammlung wiedergewählte Vorstandsvorsitzende des Beteiligten unter Beifügung der geänderten Satzung, der Einladung zur Jahreshauptversammlung sowie des Protokolls über die Mitgliederversammlung die Änderung der Satzung zur Eintragung im Vereinsregister angemeldet.
Zunächst telefonisch und dann mit Schreiben vom 5. April 2019 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass es sich bei der beschlossenen Neufassung der Bestimmung zum Vereinszweck um eine Änderung des Vereinszwecks handele, die nur mit Zustimmung aller Mitglieder erfolgen könne. Die in § 2 der aktuell gültigen Fassung geregelte ideelle Mithilfe sei eine besonders starke Motivation, sich in einem Verein, der sich die Förderung von behinderten Menschen zum Ziel gesetzt habe, zu engagieren. Die beschlossene Streichung sei eine substanzielle Änderung des Vereinszwecks, denn es sei ein fundamentaler Unterschied, ob die Zielsetzung des Vereins in der ideellen und finanziellen Mithilfe der Förderung oder nur in der finanziellen Mithilfe bestehe.
Dem ist der Beteiligte mit Schriftsätzen seines Verfahrensbevollmächtigten vom 1. April 2019 und vom 10. April 2019 entgegen getreten und hat geltend gemacht, die grundsätzliche Zweckrichtung des Vereins, seine Leitidee sei von der beschlossenen Änderung nicht betroffen, sondern bleibe unverändert aufrecht erhalten. Die beschlossene Streichung sei lediglich deshalb erfolgt, um eine Anpassung an die aktuellen steuerlichen Voraussetzungen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins zu schaffen.
Das Amtsgericht hat an seiner Auffassung festgehalten und dem Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 26. Juni 2019 eine Frist gesetzt, innerhalb derer die Zustimmungserklärungen der bei der Hauptversammlung nicht erschienenen Mitglieder nachzureichen seien.
Nach erfolglos gebliebenem Fristablauf hat das Amtsgericht den Eintragungsantrag des Beteiligten mit Beschluss vom 26. September 2019 insgesamt zurückgewiesen. Der Eintragung der Änderung von § 2 der Satzung stünde entgegen, dass der Nachweis der Zustimmung aller Vereinsmitglieder zu der beschlossenen Änderung des Vereinszwecks nicht vorgelegt worden sei. Eine Eintragung der Änderung der Satzung durch Einfügung des neuen § 19 scheite...