Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang einer dem Notarmitarbeiter erteilten Vollmacht zum Vollzug eines Grundstückskaufvertrags
Leitsatz (amtlich)
Eine nach ihrem Inhalt und Umfang sowie einer Gesamtwürdigung des maßgeblichen Urkundeninhalts am Ziel der Finanzierung und des Grundbuchvollzuges eines Grundstückskaufvertrages orientierte, die Bestellung von Dienstbarkeiten einschließende Vollmachtgewährung an Mitarbeiter des Notars legt die Auslegung nahe, dass sämtliche auf das angestrebte Ziel gerichtete „Vollzugsmaßnahmen” im Rahmen der Zweckmäßigkeit bzw. Dienlichkeit von der Vollmacht erfasst werden sollten; Letzteres gilt auch hinsichtlich der für den grundbuchlichen Vollzug nachträglicher Rangrücktritte von Grundpfandrechten ggü. einer Dienstbarkeit erforderlichen Erklärungen in der Form des § 29 GBO.
Normenkette
GBO § 19; BGB § 880 Abs. 2 S. 1, § 881
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 6 T 358/03) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und die zugrunde liegenden Zwischenverfügungen des AG – Grundbuchamt – vom 31.1. und 17.4.2003 werden aufgehoben.
Die Rechtspflegerin – Grundbuchbeamtin – wird angewiesen, von den in ihren vorbezeichneten Zwischenverfügungen erhobenen Bedenken gegen die beantragten Rangrücktritte Abstand zu nehmen.
Der Wert wird zugleich auch für das Beschwerdeverfahren – insoweit unter Änderung der landgerichtlichen Festsetzung – auf 2.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der eingangs bezeichnete Grundbesitz gehört zu einem größeren Bauvorhaben zur Errichtung von Einfamilienhäusern. Im Vorfeld der Bebauung und der Veräußerung der einzelnen Grundstücke ließ die damalige Eigentümerin, die H. GmbH, eine Grundlagenurkunde zu dem Bauprojekt verfassen, in der die Einzelheiten zu dem Gesamtbauprojekt geregelt wurden (Urkunde des Notars T., X., vom 23.3.1999, Urkundenrollen-Nr. x/). Unter Punkt IX. dieser Urkunde wurden Einzelheiten zur Regelung der Abwasserableitung festgelegt. Danach erfolgt der Anschluss der Reiheneigenheime und Garagen an den öffentlichen Kanal ganz oder zum Teil über Leitungen bzw. Sammelleitungen, welche über private Grundstücksflächen von Mitgliedern des Wohnparks laufen. Nach IX. 6. soll die Inanspruchnahme fremder Grundstücke durch Grunddienstbarkeiten gesichert werden.
Gemäß XII. wird die nach der Urkunde vorgesehenen Grunddienstbarkeiten der Verkäufer bestellen. Darüber hinaus behält dieser sich das Recht vor, jederzeit weitere Dienstbarkeiten oder Baulasten zu bestellen, soweit solche Rechte zur Sicherstellung der Erschließung und/oder zur Regelung nachbarrechtlicher Verhältnisse innerhalb des Baugebiets notwendig oder auch nur zweckmäßig sind.
Mit Kaufvertrag vom 23.4.1999 (Urkunde des Notars S., W., zu Urkundenrollen-Nr. 605/1999) erwarben die Beteiligten zu 1) den eingangs genannten Grundbesitz. § 13 Abs. 1b der Urkunde lautet:
„Der Käufer bevollmächtigt hiermit den Verkäufer und beide Vertragsteile ermächtigen zugleich die in § 6 Abs. 2 näher bezeichneten Personen in dem dort angegebenen Umfang, mit dem Recht auf Erteilung von Untervollmacht zu folgenden Handlungen:
…
b) nach näherer Maßnahme der o.g. Grundlagenurkunde Dienstbarkeiten oder Baulasten zur Eintragung zu bringen, die bei dem Gesamtbauvorhaben zur Sicherung von nachbarrechtlichen Verhältnissen, insb. von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen dienen. Den Inhalt bestimmt der Verkäufer nach § 315 BGB, …”
In Abs. 6 der Vorbemerkung des Vertrages war auf die Grundlagenurkunde vom 23.3.1999 (Urkundenrollen-Nr. 404/1999) verwiesen worden.
Am 1.10.1999 wurde in Abteilung III des Grundbuchs von V. Bl. 12836 unter laufender Nr. 3 eine Grundschuld i.H.v. 338.000 DM nebst Zinsen für die Beteiligte zu 2) eingetragen.
Am 29.6.2000 wurde in der Abteilung III unter laufender Nr. 4 eine Hypothek i.H.v. 100.400 DM nebst Zinsen zugunsten der Beteiligten zu 3) eingetragen.
Am 11.3.2002 wurde in Abteilung II unter laufender Nr. 2 eine Grunddienstbarkeit – Duldung der Mitbenutzung von Abwasseranlagen – für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Gemarkung V., Flur …, Flurstück … zurzeit eingetragen in V., Bl. … eingetragen.
Ende des Jahres 2002 erklärten die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils, dass sie dem in Abteilung II Nr. 2 eingetragenen Recht den Vorrang vor den zu ihren Gunsten in Abteilung III eingetragenen soeben genannten Rechten einräumen.
Unter dem 21.1.2003 beantragten die Beteiligten zu 1) die Eintragung der Rangrücktritte der Grundpfandrechte Abteilung III Nr. 3 und 4 hinter das Recht Abteilung II Nr. 2.
Das AG – Rechtspflegerin – hat mit Zwischenverfügung vom 31.1.2003 beanstandet, dass zur Eintragung noch die Zustimmung der Beteiligten zu 1) zum Rangrücktritt in öffentlich beglaubigter Form gem. § 29 GBO fehle, und eine Monatsfrist für die Behebung des Mangels gesetzt.
Mit Urkunde des die Beschwerdeführer vertretenden Notars vom 9.4.2003 (Urkundenrollen-Nr. 362/2003) erklärte eine Mitarbeiterin des Notars in Vertretung der Beteiligten zu 1) die Zustimmung zu den vorgesehenen Rangänderungen.
Die Beteiligten zu 1) haben die Auffassu...