Leitsatz (amtlich)

Eine im Rahmen eines Vergleichs durch den Hauptaktionär erhöhte Kompensationsleistung bildet (nur) dann den Gegenstand der Angemessenheitsprüfung in einem nachfolgenden Spruchverfahren, wenn sie mit Verbindlichkeit und damit mit Wirkung für alle betroffenen Aktionäre zugesagt wurde. Daran fehlt es, wenn ein Vergleich ausschließlich inter partes und zudem nicht mit der Zielsetzung der Erhöhung der Kompensation geschlossen wird.

Die Veräußerungsgewinnbesteuerung kann auch bei Bewertungsfällen mit Bewertungsstichtag vor dem 1.01.2009 bei der Ableitung der zu kapitalisierenden Ergebnisse berücksichtigt werden, wenn die Marktrisikoprämie entsprechend der Empfehlung des FAUB vom 29.11.2007 (niedriger) angesetzt wird.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b; SpruchG § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 39 O 18/09 [AktE])

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden der Antragstellerin zu 18), des Antragstellers zu 19), der Antragstellerinnen zu 20) und 21) sowie des Antragstellers zu 30) vom 17.02.2017, der Antragsteller zu 5), 7), 12) sowie der Antragstellerin zu 9) vom 22.02.2017, der Antragsteller zu 37) und 38) vom 15.02.2017 sowie des Antragstellers zu 24) und der Antragstellerinnen zu 27) und 28) vom 22.02.2017 gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2017 - 39 O 18/09 (AktE) - werden zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für beide Instanzen wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller waren Aktionäre der O. Hotels AG ("O."), deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung vom 10./11.03.2008 auf die Antragsgegnerin übertragen wurden.

Die O. ist aus der ehemaligen E. AG hervorgegangen, die seit den 1990er Jahren Hotels im europäischen Raum, insbesondere in Deutschland, betrieb. Seit dem Jahr 2002 war die finanzielle Lage des Unternehmens, vor allem durch scharfen Preisdruck, hohe Überkapazitäten sowie die zunehmende Preistransparenz durch Internet-Plattformen, angespannt. Im Zuge einer umfassenden Reorganisation und Restrukturierung im Frühjahr 2006 erreichte die Unternehmensleitung durch Gespräche mit einer Vielzahl von Verpächtern, dass die Pachten einer größeren Anzahl von Hotels gesenkt wurden. Im Januar 2007 veräußerte sie mit Billigung des Aufsichtsrats 41 Ressorthotels der 93 Hotelbetriebe an die sog. Neue E. GmbH, der sie auch das Recht einräumte, die Marke "E." und alle damit verbundenen Warenzeichen zu übernehmen. Im Februar 2007 wurde die seinerzeitige E. AG, in deren Portfolio 52 klassische Business-Stadthotels des 3-, 4- und 5-Sterne-Bereichs verblieben waren, in "O. Hotels AG" umbenannt. Ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag wurde durch Kapitalzuführungen vom 16.01.2007 und 17.04.2007 beseitigt, wodurch die Insolvenz des Unternehmens abgewendet wurde. Im Verlauf des Jahres 2007 wurde die Restrukturierung, u.a. durch Beendigung weiterer Pachtverträge und den Umzug der Unternehmensverwaltung, fortgesetzt.

Zum Bewertungsstichtag 11.03.2008 verfügten die O. und ihre Tochtergesellschaften über ein Hotelportfolio von 50 auf Basis langfristiger Verträge gepachteter und von der B. Hotellerie Deutschland GmbH ("BHD") im Rahmen eines seit dem Jahr 2004 bestehenden Managementvertrages geführter Hotels, davon 42 in Deutschland. Das Grundkapital betrug 48,75 Mio. EUR und war eingeteilt in 6,5 Mio. nicht börsennotierte Inhaberstückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 7,50 EUR.

Am 3.05.2007 veröffentlichte die Antragsgegnerin ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot zum Erwerb der Aktien der O. zum Preis von 35 EUR je Aktie; dieser Wert war bereits im Rahmen vorangegangener Bezugsangebote vom 18.01.2007 und 23.04.2007 gezahlt worden. In der Folgezeit erhöhte die Antragsgegnerin ihre Beteiligung am Grundkapital auf rund 97,65 %. Die restlichen Aktien (152.751 Stück) befanden sich in Streubesitz.

Am 10./11.03.2008 hat die Hauptversammlung der O. auf Verlangen der Antragsgegnerin beschlossen, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung von 39 EUR je Stückaktie auf sie - die Antragsgegnerin - zu übertragen. Der Beschluss ist am 7.01.2009 in das Handelsregister eingetragen und am 12.01.2009 im elektronischen Bundesanzeiger bekanntgemacht worden.

Gegen den Übertragungsbeschluss haben mehrere Minderheitsaktionäre - darunter Aktionäre der seinerzeitigen E. AG, die durch den Übertragungsbeschluss die Ausübung ihnen bei einer Kapitalerhöhung vom 23.03.2004 gewährter Put-Optionen gefährdet sahen - Anfechtungsklagen beim Landgericht Mönchengladbach eingereicht. Zur Beendigung der Streitigkeiten verpflichtete sich die Antragsgegnerin (allein) ihnen gegenüber im Rahmen eines Vergleichs zur Zahlung weiterer 10 EUR je Stückaktie.

Der im Übertragungsbeschluss vom 10./11.03.2008 mit 39 EUR je Stückaktie festgelegten Barab...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge