Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einigungsgebühr bei Verzicht auf Versorgungsausgleich. Keine Einigungsgebühr bei Verzicht der Parteien auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Verzicht der Parteien auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs fällt eine Einigungsgebühr auch dann nicht an, wenn nach den eingeholten Auskünften die Person und die Höhe des Ausgleichs an sich feststehen, aber ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB in Betracht kommt.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1; RVG-VV Nr. 1000
Verfahrensgang
AG Neuss (Beschluss vom 20.12.2007) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des AG Neuss - FamG - vom 20.12.2007 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Erinnerung des Antragstellers vom 17.12.2007 gegen den Beschluss des AG Neuss - Rechtspflegerin - vom 6.12.2007 wird zurück gewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Landeskasse vom 10.3.2008 (Bl. 31 PKH-Heft) gegen den Beschluss des AG Neuss - FamG - vom 20.12.2007 (Bl. 14 PKH-Heft) ist gem. § 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG kraft Zulassung zulässig und begründet.
Mit Erfolg beanstandet die Landeskasse, dass auf die Erinnerung des Antragstellers vom 17.12.2007 gegen den Beschluss des AG Neuss - Rechtspflegerin - vom 6.12.2007 über die bereits festgesetzte Vergütung hinaus eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 i.H.v. 85 EUR nebst Mehrwertsteuer festgesetzt wurde. Die Einigungsgebühr ist im vorliegenden Fall nicht angefallen.
Im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses in der mündlichen Verhandlung vor dem FamG Neuss am 15.11.2007 (Bl. 31 GA) stand aufgrund der eingeholten Auskünfte der Rentenversicherungsträger fest, dass die Ehefrau ehezeitliche Anwartschaften i.H.v. 173,22 EUR und der Ehemann ehezeitliche Anwartschaften i.H.v. 139,99 EUR erworben hatten (Bl. 16 u. 30 VA-Heft). In der mündlichen Verhandlung haben die Partein sodann einen "Vergleich" geschlossen, in dem es heißt
"Der Versorgungsausgleich wird ausgeschlossen. Wir vereinbaren den Ausschluss im Hinblick auf die geringfügigen Anwartschaften, die auszugleichen wären und die Tatsache, dass die Antragstellerin die gemeinsamen Kinder betreut."
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 8.1.2008 (II-10 WF 28/07) ausgeführt, dass eine Einigungsgebühr dann nicht anfällt, wenn im Zeitpunkt der beiderseitigen Verzichtserklärungen aufgrund der eingeholten Auskünfte fest steht, wem und in welcher Höhe ein Ausgleichsanspruch zusteht. Obwohl im hier vorliegenden Fall die ehezeitlichen Anwartschaften feststanden und demgemäß sowohl die Person als auch die Höhe der auszugleichenden Anwartschaften zu ermitteln waren, geht der angefochtene Beschluss davon aus, dass durch den Vergleich eine rechtliche Ungewissheit beseitigt worden sei, weil sich ansonsten die Frage gestellt hätte, ob der grundsätzlich zugunsten des Antragsgegners durchzuführende Versorgungsausgleich gem. § 1587c Nr. 1 BGB auszuschließen gewesen wäre. Ob dies ausreicht, eine "Ungewissheit" über die Ausgleichsberechtigung bzw. -höhe zu begründen, mag letztlich dahinstehen, weil dies im Ergebnis nicht ausreichen würde, eine Einigungsgebühr auszulösen.
Der Senat hat in seiner weiteren Entscheidung vom 8.1.2008 (II-10 WF 35/07) noch ausdrücklich offen gelassen, wie die Fälle zu beurteilen sind, in denen die Person des Ausgleichsberechtigten feststeht, nicht dagegen die Höhe des Ausgleichs - etwa weil die Höhe einzelner in die Ermittlung einzustellender Anrechte unklar ist oder weil ein Ausschluss des Ausgleichs wegen grober Unbilligkeit in Betracht kommt. Diese Frage beantwortet der Senat für die hier fragliche letztgenannte Fallgruppe dahingehend, dass eine Einigungsgebühr nach der amtlichen Anmerkung zu RVG VV-Nr. 1000 I Satz 1 2. Halbsatz ausgeschlossen ist, weil sich der Vertrag "ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht" beschränkt (vgl. auch OLG Stuttgart, JurBüro 2006, 639). Unter Verzicht im Sinne des negativen Gebührentatbestandes ist der Fall zu verstehen, dass der von den Beteiligten geschlossene Vertrag ausschließlich den Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Anspruch zum Inhalt hat (vgl. BGH BB 2006, 2779 f.). Entsprechend liegt der Fall, wenn im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses allein fraglich ist, ob der Versorgungsausgleich aufgrund des § 1587c Nr. 1 BGB als unbillig auszuschließen oder zu beschränken ist. Letztlich erschöpft sich der Inhalt des "Vergleichs" dann in einem einseitigen Verzicht des Ausgleichsberechtigten auf den sich aus den eingeholten Auskünften rechnerisch ergebenden Versorgungsausgleich. Es fehlt an jeglichem Entgegenkommen des "Vergleichsgegners", der "Vertrag" beschränkt sich eben auf einen Verzicht des Ausgleichsberechtigten.
Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der RVG VV-Nr. 1000 herleiten (so aber OLG Nürnberg, JurBüro 2007, 24). Dass der Gesetzgeber jegliche vertraglich...