Leitsatz (amtlich)

1. In dem Verfahren eines Studienplatzbewerbers auf Zulassung zum Studium wegen nicht ausgeschöpfter Kapazitäten tritt der Rechtsschutzversicherungsfall nach § 4 Abs. 1 lit. c ARB 05 bereits mit der Ablehnung der Bewerbung durch die Hochschule im von der ZVS durchgeführten Verfahren ein.

2. Hat sich der Studienplatzbewerber bei der Hochschule, gegen die er ein Kapazitätsklageverfahren führt, nicht zuvor über die ZVS beworben, tritt der Versicherungsfall erst mit dem Antrag auf Zulassung zum Studium wegen nicht ausgeschöpfter Kapazitäten ein.

3. Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn ein Versicherungsnehmer ohne hiernach gem. § 19 VGG gefragt worden zu sein dem Versicherer nicht von sich aus offenbart, dass sein mitversichertes Kind soeben das Abitur abgelegt hat und erwägt, die Zulassung zum Medizinstudium gegebenenfalls im Rechtsweg durchzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.02.2009)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 05. Februar 2009 abgeändert und dem Antragsteller unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R. B. aus F. Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt, soweit er eine Klage auf Deckungsschutz wegen der jeweiligen Gerichtskosten, der jeweiligen Vergütung der Prozessbevollmächtigten seines Sohnes K. A. sowie der jeweiligen Vergütung der gegnerischen Prozessbevollmächtigten für die Durchführung von Verwaltungsrechtsstreitigkeiten mit dem Ziel der Studienzulassung im Studiengang Humanmedizin im Wintersemester 2008/2009 bei den Universitäten M., J., L., G., G. und M. gegen die Antragsgegnerin zu erheben beabsichtigt.

Der weitergehende Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - betreffend die Universitäten H. und F. - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Deckungsschutz gegen die Antragsgegnerin als seine Rechtsschutzversichererin. Gegenstand des begehrten Deckungsschutzes sind bereits abgeschlossene Rechtsstreitigkeiten zwischen seinem Sohn K. A. und den Universitäten H., M., J., L., G., F., G. und M. auf Zuteilung eines Studienplatzes wegen Nichtausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten im Fachbereich Humanmedizin. Nachdem der Sohn des Antragstellers einen Teilstudienplatz an der Universität M. erhalten hatte, nahm er die Anträge auf Zulassung bei den verschiedenen Universitäten zurück. Für die entstandenen Kosten verlangt der Antragsteller die Zusage von Deckungsschutz.

Der Antragsteller hatte zuvor bei der Antragsgegnerin mit Wirkung ab dem 17.06.2008 und einer dreimonatigen Wartefrist bis zum 17.09.2008 eine Individualrechtsschutzversicherung ohne die Bereiche Verkehr, Wohnen und Beruf abgeschlossen, die zugleich die Kinder bis zum 25. Lebensjahr mitversicherte. Die Parteien vereinbarten die Geltung der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Antragsgegnerin (ARB 2005). K. A., der im Frühsommer 2008 sein Abitur mit der Note 2,8 abgelegt hatte, erhielt mit Ablehnungsbescheid der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) vom 14.08.2009 die Mitteilung, dass er im Vorauswahlverfahren der Hochschulen F./M., K. und H., Medizinische Fakultät M., keinen Studienplatz erhalten habe. Mit Bescheid der Z. vom 23.09.2008 lehnten die Universitäten M., M. und B. die Zuweisung eines Studienplatzes im Auswahlverfahren der Hochschulen ab.

Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17.09.2008 bat der Antragsteller um die Erteilung von Deckungszusagen für die genannten Verwaltungsstreitverfahren. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.10.2008 unter Hinweis auf die Vorvertraglichkeit des Versicherungsfalls ab.

Der Antragsteller geht von einem versicherten Rechtsschutzfall aus, weil frühestens die Stellung der Anträge auf Zuteilung eines sog. außerkapazitären Studienplatzes einen Versicherungsfall begründe.

Demgegenüber beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass bereits mit Veröffentlichung der Zahl der Studienplätze der Rechtsverstoß stattgefunden habe. Dies sei ein vorvertragliches Ereignis. Zudem habe der Antragsteller gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil er die Rechtschutzversicherung gerade im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits anstehenden Verwaltungsverfahren abgeschlossen habe. Schließlich dürfe der Antragsteller zur Begrenzung des Kostenrisikos nicht gleichzeitig acht Anträge bei den verschiedenen Universitäten stellen.

Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 05.02.2009 zurückgewiesen und der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil er das Versicherungsverhältnis nur mit Blick auf die streitgegenständlichen Verwaltungsverfahre...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?