Leitsatz (amtlich)
Im Festsetzungsverfahren hat eine Kontrolle der vom Nachlasspfleger entfalteten Tätigkeit und abgerechneten Auslagen auf ihre Zweckmäßigkeit zu unterbleiben. Einwände gegen die Berücksichtigungsfähigkeit von Stundenzahl und Auslagenpositionen sind deshalb nur erheblich, wenn sie dahingehen, dass
a) entweder ein sachlicher Bezug einzelner Maßnahmen zu dem Nachlass überhaupt
b) oder zu dem angeordneten Wirkungskreise des Nachlasspfleger nicht mehr erkennbar ist
c) oder die Handlungsweise des Nachlasspflegers zu einem derart übersetzten Zeitaufwand geführt hat, dass er sich durch eine sinnvolle Führung der Nachlasspflegschaft nicht mehr erklären lässt.
Normenkette
BGB § 1835 Abs. 4, § 1836 Abs. 1 Sätze 2-3, § 1915 Abs. 1 S. 1, § 1961; VBVG § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 17 VI 553/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Rechtspflegerin - Kleve vom 9. März 2020 wird dieser teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Beteiligten zu 1. wird für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger eine Vergütung aus der Landeskasse in Höhe von 328,26 EUR (6,7 Stunden zu 39 EUR; 14,55 EUR Auslagen; 52,41 EUR Umsatzsteuer) festgesetzt.
Gründe
I. Mit Anwaltsschrift vom 24. Juli 2019 beantragte der Vermieter der Erblasserin die Einsetzung eines Nachlasspflegers und führte zur Begründung an, die Tochter der Erblasserin werde das Erbe ausschlagen, gegenwärtig sei die Miete für Juli 2019 nicht bezahlt, außerdem müsse die Wohnung noch geräumt werden, sodass eine ordnungsgemäße Abwicklung des Mietverhältnisses sicherzustellen sei. Nachdem die Abkömmlinge der Erblasserin Anfang August 2019 die Erbschaft tatsächlich ausgeschlagen hatten, hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 23. August 2019 Nachlasspflegschaft angeordnet und zum Nachlasspfleger den Beteiligten zu 1. bestellt, dies mit dem Ausspruch: "Der Wirkungskreis umfasst die Vertretung der unbekannten Erben bei Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses. Die Nachlasspflegschaft wird berufsmäßig geführt.". In der Folgezeit wurde der Beteiligte zu 1. tätig. Im Schlussbericht vom 23. Dezember 2019 teilte er mit, der Nachlass sei überschuldet und verfüge über keine liquiden Mittel.
Mit seinem Vergütungsantrag vom selben Tage in der Fassung des Antrags vom 5. Februar 2020 brachte der Beteiligte zu 1. für seine Tätigkeit insgesamt 6,7 Stunden (402 Minuten) in Ansatz. In diesen waren enthalten: zum einen ein Telefonat mit dem Vermieter und zwei Schreiben an diesen, eine Wohnungsbesichtigung sowie der Erst- und der Schlussbericht; zum anderen mündliche und schriftliche Korrespondenz mit der Volksbank, einem Leasinggeber und einem Lebensversicherer. Den Stundensatz bemaß der Beteiligte zu 1. mit 39 EUR; außerdem begehrte er Auslagenersatz für Porto und für 17 Seiten Kopien sowie die anfallende Umsatzsteuer.
Die Beteiligte zu 2. trat dem Vergütungsantrag entgegen und erachtete lediglich die auf den erstgenannten Tätigkeitsbereich entfallende Zeit von insgesamt 208 Minuten - ferner keine Portokosten und lediglich Ersatz für 12 Kopien - netto zuzüglich Umsatzsteuer für gerechtfertigt.
Durch die angefochtene Entscheidung hat sich das Nachlassgericht dem Standpunkt der Beteiligten zu 2. angeschlossen und eine Vergütung nur im Gesamtbetrag von 163,03 EUR festgesetzt; die Beschwerde hat es zugelassen. Gegen den ihm am 17. März 2020 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seinem am 24. März 2020 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, das die Beteiligte zu 2. zurückgewiesen sehen möchte. Im zweiten Rechtszug ergänzen und vertiefen die Beteiligten ihre erstinstanzlich vertretenen Auffassungen.
Mit weiterem Beschluss vom 8. Mai 2020 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte Bezug genommen.
II. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. ist infolge der vom Nachlassgericht ausgesprochenen Zulassung (§ 61 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 FamFG) gemäß §§ 58 ff FamFG als befristete Beschwerde zulässig und dem Senat zur Entscheidung angefallen.
Es hat auch in der Sache Erfolg. Der Beteiligte zu 1. hat gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch nach §§ 1961, 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3, 1835 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 VBVG in der im hiesigen Beschlussausspruch bezeichneten Höhe.
Zwischen den Beteiligten umstritten und im folgenden zu behandeln ist allein die liquidationsfähige Stundenzahl. Sie beläuft sich auf den vom Beteiligten zu 1. veranschlagten Wert.
Der Senat teilt - wie bereits in der Vergangenheit des öfteren beiläufig - die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm, die dieses in seiner, beiden Beteiligten bekannten, Entscheidung vom 9. Februar 2018 (in Sachen 15 W 337/17) näher dargestellt und begründet hat. Danach hat auch im Festsetzungsve...