Verfahrensgang
AG Remscheid (Aktenzeichen 26 F 40/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Pflegeeltern des Kindes A. A. wird der Beschluss des Amtsgerichts Remscheid vom 19.08.2019 - Az. 26 F 40/19 - teilweise dahin abgeändert, dass den Pflegeeltern auch die noch bei den Kindeseltern verbliebenen Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen werden. Die elterliche Sorge für das Kind A. A., geb. am ......2011, wird damit vollumfänglich von den Pflegeeltern ausgeübt.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 3 000 EUR
Gründe
I. Die Beschwerdeführer sind die Pflegeeltern der derzeit sieben Jahre alten A., die seit Februar 2013 in Vollzeitpflege bei ihnen lebt. A. ist schwer behindert und es besteht ein deutlich erhöhter Förderbedarf. Die leiblichen Eltern haben A. seit der Unterbringung nicht mehr gesehen, es gab zu keinem Zeitpunkt persönliche Kontakte, vereinbarte Telefonate wurden nur selten eingehalten. Regelmäßige Kontakte und intensive Bemühungen, für A. da zu sein, können sie nicht leisten. Die Pflegeeltern kümmern sich intensiv um alle Belange des Kindes, fördern A. ihren Möglichkeiten entsprechend und bieten ihr einen stabilen und sicheren Rahmen für eine gesunde und harmonische Entwicklung. Die Pflegeeltern wurden bereits durch Beschluss des Amtsgerichts Wipperfürth vom 31.01.2018 zum Ergänzungspfleger für die Teilbereiche Gesundheitsfürsorge, das Recht, Hilfen zur Erziehung zu beantragen sowie für die Vermögenssorge bestellt. Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist ihr Begehren, auch die noch bei den Kindeseltern verbliebenen Teilbereiche der elterlichen Sorge im Wege der freiwilligen Sorgerechtsübertragung gemäß § 1630 Abs. 3 BGB auf sie zu übertragen. Hierzu tragen sie vor, mit der Sorgerechtsübertragung solle alltagspraktischen Erfordernissen entgegengekommen werden im Hinblick darauf, dass die Kindeseltern in C. lebten und auch die Fallführung des Jugendamtes noch in C. verblieben sei. Zudem solle für A., welche in der Vergangenheit bereits Bezugspersonenwechsel und Bindungsabbrüche erlitten habe, eine bessere rechtliche Absicherung geschaffen werden.
Die Kindeseltern haben dieser Sorgerechtsübertragung gegenüber dem Jugendamt sowie anlässlich ihrer Anhörung ausdrücklich zugestimmt.
Das Amtsgericht hat den Pflegeeltern durch Beschluss vom 19.08.2019 über die ihnen bereits zuerkannten Teilbereiche der elterlichen Sorge hinaus lediglich das Recht zur Regelung von Schulangelegenheiten, Passangelegenheiten sowie das Recht, Anträge zur Eingliederungshilfe zu stellen, übertragen und ihren weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vorschrift des § 1630 Abs. 3 diene nicht dazu, Pflegeeltern die gesamte elterliche Sorge zu übertragen, so dass eine Vormundschaft entstehe, sondern nur dazu, Teilbereiche des elterlichen Sorgerechts übertragen. Seinem Wortlaut nach sei § 1630 Abs. 3 BGB darauf angelegt, dass die Pflegeperson Rechte und Pflichten lediglich eines Pflegers erhält, nicht jedoch die eines Vormundes. Eine Regelung zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sei nicht erforderlich, da die leiblichen Eltern einen Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern ausdrücklich zugestimmt hätten. Im Übrigen sei eine derartige Zustimmung ohnehin jederzeit widerruflich, so dass die Pflegeeltern hierdurch eine erhöhte Sicherheit, dass A. auf Dauer bei ihnen bleiben könne, nicht erhalten könnten.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Pflegeeltern mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren auf Übertragung sämtlicher noch verbliebener Teilbereiche der elterlichen Sorge weiterverfolgen, hilfsweise eine Übertragung mit Ausnahme der religiösen Sorge begehren. Sie verweisen insoweit auf das von den Kindes-eltern abgegebene Einverständnis und auf die Tatsache, dass die Frage, ob im Rahmen des § 1630 Abs. 3 BGB auch eine Übertragung der gesamten elterlichen Sorge möglich sei, in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet werde. Das Amtsgericht habe übersehen, dass durch diese Vorschrift bewusst eine niedrigschwelligere Möglichkeit geschaffen worden sei, die elterliche Sorge auf Pflegeeltern ohne das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1666, 1674 BGB zu übertragen. Erforderlich sei demgemäß neben der Zustimmung der Kindeseltern nur eine negative Kindeswohlprüfung im Sinne des § 1697a BGB. Schließlich sei es auch nicht zutreffend, dass durch die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts keine erhöhte Sicherheit für A. geschaffen werde. Denn ein etwaiger Widerruf müsse zunächst seitens der Kindeseltern beim Amtsgericht erklärt werden und vor einer positiven Entscheidung könne eine Herausnahme nicht wirksam gefordert werden. Zudem sei in diesem Fall auch eine Kindeswohlprüfung im Sinne des § 1666 BGB erforderlich.
II. Die Beschwerde der Pflegeeltern des Kindes A. gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist begründet.
§ 1630 Abs. 3 BGB ermöglicht es, auf Antrag der Eltern oder der Pfleg...