Leitsatz (amtlich)

Die Annahme einer Unverwertbarkeit eines Sachverständigengutachtens wegen objektiv feststellbarer Mängel mit der Konsequenz eines vollständigen Vergütungsverlustes nach § 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 JVEG setzt voraus, dass auch Nachbesserungen und Ergänzungen des Gutachtens den Mangel der Verwertbarkeit nicht beheben können. Sind nur Teile des Gutachtens verwertbar, erhält der Sachverständige hierfür eine Vergütung.

 

Normenkette

JVEG §§ 4, 8a

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 21 O 73/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 8. August 2018 (Bl. 266 f GA) aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beschwerde des Sachverständigen ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und führt in der Sache zu einem vorläufigen Erfolg.

Die Kammer hat die Vergütung des Sachverständigen gem. § 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 JVEG auf 0 EUR festgesetzt, da er eine mangelhafte, nicht bestimmungsgemäß verwertbare Leistung erbracht habe. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Die Qualität der Sachverständigenleistung hat auf die Höhe der zu gewährenden Vergütung regelmäßig keinen Einfluss. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf das Werk des Sachverständigen, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt (BGH NJW 1976, 1154 f.). Deshalb sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Vergütung der Tätigkeit des Sachverständigen; es kommt lediglich darauf an, dass diese Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen. Der Vergütungsanspruch ist gem. § 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 JVEG nur ausnahmsweise dann zu versagen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und mithin unter keinem Gesichtspunkt als Entscheidungsgrundlage dienen kann.

Dies ist vorliegend nicht feststellbar. Die Kammer hat dem Sachverständigen eine Vergütung insgesamt mit der Begründung versagt, der Sachverständige habe zwar knappe Feststellungen getroffen und Ergebnisse aufgezeigt, diese jedoch nicht nachvollziehbar erläutert und begründet; insgesamt seien die Ausführungen des Sachverständigen derart knapp, dass eine Überprüfung der Plausibilität der getroffenen Feststellungen anhand der schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen nicht möglich sei.

Diese Ausführungen der Kammer sind zwar inhaltlich nicht zu beanstanden, rechtfertigen jedoch das Ergebnis, dem Sachverständigen eine Vergütung vollständig zu versagen, nicht. Dies gilt auch, soweit man zusätzlich das für ein von einem Akademiker zu fertigendes Gerichtsgutachten unangemessene sprachliche Niveau der Ausführungen des Sachverständigen berücksichtigt; diese gehen weitgehend nicht über stichwortartige Anmerkungen hinaus. Allerdings setzt die Annahme einer Unverwertbarkeit des Gutachtens mit der Konsequenz eines vollständigen Vergütungsverlustes voraus, dass auch Nachbesserungen und Ergänzungen des Gutachtens den Mangel der Verwertbarkeit nicht beheben können. Sind nur Teile des Gutachtens verwertbar, erhält der Sachverständige hierfür eine Vergütung.

Eine mündliche Einvernahme des Sachverständigen hatte die Kammer bereits unter dem 6. März 2017 beschlossen (Blatt 114 f GA), diesen Beweisbeschluss jedoch am 28. April 2017 dahingehend abgeändert das statt der mündlichen Anhörung ein Ergänzungsgutachten eingeholt werden sollte (Bl. 123 GA). Die Kammer hatte dem Sachverständigen - ohne einen Hinweis auf Begründungsmängel - insoweit lediglich aufgegeben, sich mit einzelnen Schriftsätzen beider Parteien auseinanderzusetzen. Dass eine Anhörung des Sachverständigen nicht geeignet sein soll, den Mangel der Verwertbarkeit des Gutachtens zu beheben, ist auch nach Einholung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen nicht erkennbar. Insbesondere trägt insoweit die Begründung der Kammer nicht, der Sachverständige habe geäußert, seinem Ergänzungsgutachten sei nichts hinzuzufügen, so dass eine Anhörung nicht erfolgversprechend sei. Denn mit dieser Formulierung hat der Sachverständige erkennbar lediglich ausdrücken wollen, dass sich an den Ergebnissen seiner Ausführungen nichts ändern werde, er sich seiner Sache insoweit vielmehr sicher sei. Der Sachverständige schlägt jedoch in demselben Schriftsatz selbst vor, eine mündliche Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts und Erläuterung des Gutachtens anzuberaumen. Da sich der von der Kammer zu Recht gerügte Begründungsmangel auf diesem Wege möglicherweise beheben lässt, ist die von der Kammer vorgenommene Festsetzung der Vergütung des Sachverständige...

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