Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein subjektiv persönliches Vorkaufsrecht aufgrund der Eintragungsbewilligung "für die Dauer des ... Pachtvertrages" bestellt worden und lässt sich wegen nicht vorliegenden Pachtvertrages nicht feststellen, welche Bestimmungen die Beteiligten hinsichtlich der Dauer des Pachtverhältnisses getroffen haben, so reicht die Vorlage einer Sterbeurkunde des ursprünglichen Pächters zum Nachweis des Erlöschens des Vorkaufsrechts (Grundbuchunrichtigkeit) nicht aus.
2. Stützt der Antragsteller sein Eintragungsersuchen (Löschung eines für alle Verkaufsfälle eingetragenen Vorkaufsrechts, die der begünstigte Pächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses zu bewilligen hat) auf Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO und hält das Grundbuchamt den Unrichtigkeitsnachweis durch eine vorgelegte Sterbeurkunde des Berechtigten nicht für erbracht, so kann eine vom Grundbuchamt anstatt dessen für erforderlich gehaltene Beibringung einer Bewilligung (§ 19 GBO) der Erben des eingetragenen Berechtigten, die das Löschungsersuchen auf eine neue Basis stellen würde, nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein.
Normenkette
BGB §§ 158, 163, 473 Sätze 1-2, §§ 894, 1094 Abs. 1, § 1098 Abs. 1 S. 1; GBO § 18 Abs. 1, §§ 19, 22 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen MH-4117-13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr - Grundbuchamt - vom 30. September 2019 aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind in Erbengemeinschaft als Eigentümer des vorgenannten Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen. In Abteilung II Nr. 2 des Grundbuchs ist eingetragen:
"Ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für den Kraftfahrzeughandwerksmeister K in Mülheim a.d. Ruhr unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 22. Mai 1957 eingetragen am 20. August 1957."
In der Eintragungsbewilligung heißt es:
"Ich, die unterzeichnete Witwe des Schlossermeisters S bewillige und beantrage als Grundstückseigentümerin, für den Kraftfahrzeughandwerksmeister K, ..., ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für die Dauer des zwischen ihm und mir geschlossenen Pachtvertrages vom 8.11.1956 zu Lasten des im Grundbuch von ... verzeichneten Grundstücks ..., in das Grundbuch einzutragen.
Der Vorgenannte ist verpflichtet, nach Beendigung des Pachtverhältnisses die Löschung des Vorkaufsrechts zu bewilligen."
Der Pachtvertrag liegt nicht vor.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Juni 2019 veräußerten die Beteiligten zu 1 und 2 den Grundbesitz an die Beteiligte zu 3. Unter dem 6. Juni 2019 beantragte der Notar u.a. Löschung des Rechts in Abteilung II Nr. 2 des Grundbuchs aufgrund Löschungsbewilligung der Beteiligten und legte dazu eine Sterbeurkunde des Rechteinhabers vor.
Mit Zwischenverfügung vom 30. September 2019 wies das Grundbuchamt darauf hin, ein auf eine bestimmte Zeit beschränktes subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht sei im Zweifel vererblich. Das Vorkaufsrecht sei so formuliert, dass es für die Dauer des Pachtvertrages vom 8. November 1956 bestellt worden sei. Da der Inhalt und damit auch die Laufzeit des Vertrages nicht bekannt seien, reiche zur Löschung des Vorkaufsrechts auch nicht die Vorlage der Sterbeurkunde des damaligen Pächters aus. Denn der Vertrag könnte für eine lange Zeit geschlossen worden sein und somit auch für dessen Erben gelten. Dass der Tod des Berechtigten nicht als auflösende Bedingung maßgeblich sein solle, zeigten die Ausführungen in der Bestellungsurkunde, wonach sich der Berechtigte zur Löschung des Vorkaufsrechts verpflichtet habe, wenn der Pachtvertrag ende. Zur Löschung des Rechtes sei daher die Vorlage einer Löschungsbewilligung der Erben des eingetragenen Berechtigten in der Form des § 29 GBO notwendig.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie machen geltend, ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht sei grundsätzlich nicht vererblich und infolgedessen gegen Vorlage der Sterbeurkunde des Berechtigten in öffentlicher Form zu löschen. Dass das Vorkaufsrecht für die Dauer des Pachtvertrags bestellt worden sei, bedeute keine Befristung des Rechts, sondern eine auflösende Bedingung, da ein Pachtvertrag mit dem Tod des Pächters auf dessen Erben übergehe, so dass es sich bei dessen Beendigung um ein ungewisses Ereignis handele. Die Beteiligten hätten lediglich das (nach dem gesetzlichen Leitbild unvererbliche) Vorkaufsrecht um einen weiteren Erlöschensgrund (Beendigung des Pachtvertrages) ergänzen wollen. Auch nach Sinn und Zweck des Pächtervorkaufsrechts könne dessen Anknüpfung an die Dauer des Pachtvertrages nur als auflösende Bedingung verstanden werden. Vorkaufsrechte für gewerbliche Pächter würden bestellt, damit der Pächter bei einer Veräußerung der gepachteten Immobilie die Chance habe, seine Betriebsstätte zu erwerben, um eine etwaige Beendigung des Pachtverhältnisses durch den künftigen Eigentümer zu verhindern. Diese Gefahr bestehe für den Pächter nach einer Aufgabe oder Verlagerung des Betriebs nicht meh...