Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 12.08.2016; Aktenzeichen 22 O 73/16) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist sowohl Rechtsanwalt als auch Avocat und kanzleiansässig in Neuried sowie in Strasbourg. Er nahm den Antragsgegner - gesamtschuldnerisch mit dessen Tochter - in Frankreich auf Zahlung von Honorar in Anspruch. Mit Verfügung des Vorsitzenden der Anwaltskammer Strasbourg vom 27.6.2014 wurde der gesamtschuldnerisch geschuldete Betrag auf brutto 2.152,80 EUR nebst Zinsen festgesetzt; in der "motivation de la décision" war davon die Rede, der Antragsteller habe (unter anderem) den Antragsgegner in zwei gerichtlichen Verfahren vor einem Gericht in Béziers vertreten. Auf Antrag des Antragstellers vom 24.7.2015 wurde die vorbezeichnete Verfügung mit Verfügung des Tribunal de Grande Instance Strasbourg vom 3.8.2015 für vollstreckbar erklärt.
Mit Schrift vom 5.8.2016 hat der Antragsteller beim LG beantragt, die Verfügung des Vorsitzenden der Anwaltskammer Strasbourg wegen Honorarforderung vom 27.6.2014, in Frankreich für vollstreckbar erklärt durch Verfügung des LG Strasbourg vom 3.8.2015, gemäß Art. 38 Brüssel I-VO für vollstreckbar zu erklären. Dem Antrag beigefügt gewesen sind die beiden vorbezeichneten Verfügungen sowie eine Bescheinigung gemäß Art. 54 Brüssel I-VO, jeweils nebst deutscher Übersetzung.
Durch die angefochtene Entscheidung hat der Vorsitzende der 22. Zivilkammer des LG diesem Antrag entsprochen. Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 30.8.2016 zugestellt worden.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seinem am 28.9.2016 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel. Zu dessen Begründung führt er unter anderem an: Der Antragsteller fordere Zahlungen für Leistungen, die er nicht erbracht habe, zumindest überhöht berechne; außerdem habe er bereits einen Vorschuss erhalten. Der "Erstkontakt" zum Antragsteller sei in Deutschland erfolgt. Hintergrund für dessen Beauftragung sei seine "grenzüberschreitende Zulassung" gewesen. Es sei zu einem einzigen Termin - später trägt der Antragsgegner vor: zu einem ersten Gesprächstermin -, an dem auch seine Tochter teilgenommen habe, gekommen, der auf Wunsch des Antragstellers aus Zeitgründen in der französischen Kanzlei abgehalten worden sei.
Der Antragsteller tritt dem Rechtsmittel entgegen und bringt unter anderem vor: Seine anwaltlichen Dienstleistungen hätten sich ausschließlich auf die französische Immobilie des Antragsgegners bezogen. Dieser habe ihn beauftragt, ihn in allen diese betreffenden Rechtsangelegenheiten zu vertreten, namentlich gegenüber der französischen Hausverwaltung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
II. Auf das vorliegende Verfahren sind noch die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen - Brüssel I-VO, ehemals EuGVVO - sowie die Vorschriften des AVAG in seiner Fassung bis zum 9.1.2015 anwendbar. Denn die heute geltende Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 - Brüssel Ia-VO - ist nach deren Art. 66 Abs. 2 nicht anwendbar auf Vollstreckungstitel (Entscheidungen oder Vergleiche), die in gerichtlichen Verfahren, die vor dem 10.1.2015 eingeleitet wurden, erlassen bzw. geschaffen wurden, sowie auf vor diesem Stichtag errichtete bzw. eingetragene öffentliche Urkunden.
Der vom Präsidenten des Tribunal de Grande Instance (TGI) für vollstreckbar erklärte Beschluss des Präsidenten der Anwaltskammer betreffend die Honorarforderung eines französischen Anwalts ist eine Entscheidung im Sinne des Art. 32 Brüssel I-VO (BGH NJW-RR 2006, 143f). Das zu dieser Entscheidung führende gerichtliche Verfahren wird - bereits - mit der Anrufung des Präsidenten der Anwaltskammer eingeleitet. Hierfür spricht, dass eine Partei eines zivilrechtlichen Rechtsverhältnisses ein gerichtliches Verfahren in aller Regel mit dem Ziel beginnt, gegen einen Schuldner einen Vollstreckungstitel mit einem bestimmten Leistungsinhalt zu erlangen. Dieser Inhalt ergibt sich jedoch nicht aus der Vollstreckbarerklärung selbst, sondern aus dem Beschluss des Präsidenten der Anwaltskammer, der mithin aus Sicht der Rechtsverfolgung der Sache nach lediglich ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg der Schaffung des Vollstreckungstitels darstellt. Auf der anderen Seite wird auch der Schuldner seine Entschließung zur Verteidigung gegen seine Inanspruchnahme durch den Anwalt regelmäßig maßgeblich zu Beginn des Verfahrens vor dem Präsidenten der Anwaltskammer treffen; zu diesem Zeitpunkt muss er absehen können, nach welchen Maßgaben er später einer etwaigen Vollstreckung unterworfen sein könnte, und dies würde verfehlt, wenn das Rechtsregime zwischen der Verfügung des Präsidenten der Kammer und dem Verfahren vor dem TGI wechseln könnte. Das hier vertretene Ergebnis scheint im Übrigen der Antragsteller bei Einleitung des hiesigen Verfahrens geteil...