Leitsatz (amtlich)
1. Eine Grunddienstbarkeit erlischt bei Teilung des belasteten Grundstücks nur für denjenigen Teil, der völlig außerhalb des Bereichs liegt, auf den seine Ausübung rechtlich und nicht nur tatsächlich beschränkt ist, wobei an den Nachweis des Erlöschens strenge Anforderungen zu stellen sind (weshalb es nicht ausreicht, dass Einiges dafür spricht, dass angesichts der räumlichen Entfernung zu der Entwässerungsleitung das hier betroffene Grundstück für die Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung der auf der Grundlage der Grunddienstbarkeit erstellten Entwässerungsleitung nicht betreten werden muss).
2. Stützt der Eigentümer eines mit einer Grunddienstbarkeit (Recht zur Errichtung und zum dauerhaften Betrieb einer Entwässerungsleitung sowie zum Betreten und jederzeitigen Aufgraben einzelner Flurstücke) belasteteten Grundstücks sein auf Löschung der Grunddienstbarkeit gerichtetes Eintragungsersuchen auf Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO und hält das Grundbuchamt den Unrichtigkeitsnachweis durch die vorgelegten Urkunden (u.a. Bestellungsurkunde nebst Lageplan) nicht für erbracht, so kann das Grundbuchamt nicht anstatt dessen mit einer Zwischenverfügung die Beibringung einer Löschungsbewilligung in der Form des § 29 GBO sowie von Bewilligungen aller an den herrschenden Grundstücken dinglich Berechtigten verlangen.
Normenkette
BGB §§ 894, 1026; GBO §§ 18-19, 22 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen HO-6015-2) |
Tenor
Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr - Grundbuchamt - vom 18. Juli 2019 wird aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligten sind aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 28. August 2018 zu je 1/2 Miteigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr ...eingetragenen Grundstücks Gemarkung ... Flur 8, Flurstück 535, das sie nach Teilung des ursprünglich in Blatt ... eingetragenen Grundstücks Flur 8, lfd. Nr. 168, Flurstück 522 erworben haben. Zu Lasten des (neuen) Flurstücks 535 ist in Abteilung II Nr. 1 des Grundbuchs eine Grunddienstbarkeit (Entsorgungsleitungsrecht) eingetragen.
Die Grunddienstbarkeit wurde aufgrund der Eintragungsbewilligung vom 15. Oktober 2014, UR Nr. 150/2014 des ... in ... an dem ungeteilten Flurstück 522 eingetragen. Die Nutzungsrechte umfassen danach das Recht zur Errichtung und zum dauerhaften Betrieb einer Entwässerungsleitung sowie das Betreten und jederzeitige Aufgraben der Flurstücke 504 bis 508 und 495. Auf einem 3 m breiten Schutzstreifen dürfen keine Einwirkungen vorgenommen werden, die den Bestand und die Betriebssicherheit der Wasserrohrleitungen gefährden. Zum Inhalt des Rechts heißt es weiter wie folgt:
"Das vorstehend begründete Recht darf nur an dem Teil des dienenden Grundstücks ausgeübt werden, der in dieser Urkunde als Anlage II beigehefteten Lageplan rot gekennzeichnet ist. Die Erschienenen nehmen auf Anlage II zur Urkunde Bezug, die damit Bestandteil dieser Urkunde wird.
Den Ausübungsbereich beschränken die Parteien auf einen Schutzstreifen im Abstand von ca. 1,5 Meter, gemessen an der Mittelachse der Leitung, zur östlichen Grundstücksgrenze mit einer Breite von ca. 3 Meter und einer Länge von ca. 253 Meter auf den Flurstücken 504 bis 508 und von ca. 46 Meter auf dem Flurstück 495.
Zum Zwecke der Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung der auf der Grundlage der Grunddienstbarkeit erstellten Entwässerungsleitung ist jedoch auch das Betreten der übrigen Flächen des dienenden Grundstücks gestattet, um die Durchführung der erforderlichen Arbeiten zu ermöglichen. Die Eigentümer der herrschenden Grundstücke sind zur schonenden Ausübung der Nutzungsrechte verpflichtet. Der Zutritt ist von der ... her zu gewährleisten und in der Anlage II grün gekennzeichnet."
Die Beteiligten haben die Löschung der Grunddienstbarkeit beantragt und geltend gemacht, der Ausübungsbereich betreffe das neu gebildete Flurstück 535 offensichtlich nicht. Im Hinblick auf die Lage der Leitungen ergebe sich das aus den Einzeichnungen in dem der Eintragungsbewilligung beigefügten Plan. Aber auch das Betretungsrecht könne sich nicht auf das Flurstück 535 beziehen. Denn nach der Eintragungsbewilligung sei der Zutritt von der ... Straße her, also von der entgegengesetzten Richtung, zu gewährleisten, und zwar nur über den in dem Plan grün eingezeichneten eng begrenzten Bereich, der sich offensichtlich nicht auf dem Flurstück 535 befinde. Unabhängig davon sei das Betreten des Flurstücks 535 schon aufgrund der Entfernung seiner Grundstücksgrenze zu den Leitungen, die rund 160 m betrage, ausgeschlossen. Dementsprechend sei die zu Lasten der Flurstücke 519, 520 und 521 bestehende Dienstbarkeit nach deren Herausparzellierung gelöscht worden.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juli 2019 teilte das Grundbuchamt mit, es sei noch eine Löschungsbewilligung des Berechtigten in der Form des § 29 GBO, sowie aufgrund des damals beantragten und eingetragenen Herrschvermerks die Bewilligung alle...