Tenor

Der Antrag des H J aus Düsseldorf auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gegen den Bescheid des hiesigen Generalstaatsanwalts vom 15. März 2007 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller bezichtigt den Beschuldigten der falschen uneidlichen Aussage und anderer Aussagedelikte sowie der Beihilfe zum Prozessbetrug. Der Beschuldigte soll als Sachverständiger in einem Zivilprozess um den Restwerklohn eines Handwerkers (Kläger), der für den Antragsteller gearbeitet hatte, ein falsches Gutachten erstattet und den Kläger vorsätzlich bei der (teilweisen) Durchsetzung seiner überzogenen Forderung unterstützt haben. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren eingestellt, der Generalstaatsanwalt hat die Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

II.

Der Antrag ist unzulässig, weil die erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe von dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers nicht getragen werden.

1.

Tatsächliche Grundlage der Überprüfung durch den Senat ist allein die Antragsschrift. Nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Daraus folgt, dass die Antragsschrift eine zusammenhängende, zeitlich und gedanklich geordnete, vollständige und aus sich heraus verständliche Darstellung des konkreten geschichtlichen Vorgangs (Lebenssachverhalts) enthalten muss, aus dem der erhobene strafrechtliche Vorwurf hergeleitet wird. Das Gericht muss allein anhand des Vorbringens in der Antragsschrift - ohne Rückgriff auf die Akten der Staatsanwaltschaft - prüfen und feststellen können, dass der Vorwurf strafbaren Verhaltens formell und materiell schlüssig und Anklage zu erheben ist, wenn hinreichender Tatverdacht unterstellt wird (Senat VRS 84 [1993], 450; NStZ-RR 1998, 365 und ständig; KK-Schmid, 5. Aufl. [2003], § 172 StPO Rdnr. 34 ff; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. [2007], § 172 Rdnr. 27; jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NStZ 2007, 272 Rdnr. 10 mwN).

2.

Der Vorwurf der Beihilfe zum (versuchten) Prozessbetrug setzt objektiv (äußere Tatseite) voraus, dass die Forderung (Restwerklohn) des Klägers auf einer Rechnung beruhte, die nicht erbrachte Leistungen enthielt oder, sei es insgesamt oder in einzelnen Positionen, "krass überhöht" (vgl. Lackner/Werle NStZ 1985, 503, 505; KGRep 1994, 218) war. Auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens in der Antragsschrift war das nur bei einer Materialposition (Getriebe) der Fall. Im Einzelnen:

a)

Stundensatz (49 EUR)

(1)

Hat der Auftraggeber einen Handwerker bestellt und mit ihm keine bestimmte Vergütung vereinbart, ist nach § 632 Abs. 2 Fall 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Davon sind alle Beteiligten zutreffend ausgegangen. Die übliche Vergütung ist regelmäßig nicht auf einen festen Betrag oder Satz festgelegt, sondern bewegt sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite oder Spanne. Sätze oder Rechnungsposten, die innerhalb dieser Bandbreite liegen, sind in aller Regel als übliche Vergütung und gemäß § 632 Abs. 2 Fall 2 BGB ohne weiteres als vereinbart anzusehen (BGH NJW 2006, 2472; NJW-RR 2007, 56 und 123).

(2)

"Ausreißer" bleiben bei der Ermittlung der üblichen Vergütung unberücksichtigt (BGH aaO) und sind nicht als vereinbart anzusehen. Daraus folgt aber nicht, dass jeder "Ausreißer nach oben" - um den es nur gehen kann - in einer Handwerkerrechnung ein (versuchter) Betrug zum Nachteil des Kunden ist. Die Grenze zur Strafbarkeit kann erst bei einem auffälligen Missverhältnis (vgl. § 291 Abs. 1 Satz 1 aE StGB, § 138 Abs. 2 aE BGB) von Leistung und Gegenleistung überschritten sein. Vom Sonderfall des Wohnungsmietwuchers abgesehen ist das Missverhältnis auffällig, wenn die vereinbarte oder verlangte Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH NJW 2003, 1596, 1597; NJW-RR 2004, 1454; NJW 2004, 3553, 3554; 2006, 3054[11]; 2007, 2841 [16]; 2008, 644 [34]).

(3)

Den Stundensatz von 49 EUR für den Kläger hat der Antragsteller in seiner "Nachkalkulation" akzeptiert. Insoweit stellt sich die Frage des (versuchten) Prozessbetruges gar nicht erst. Aber selbst wenn zugunsten des Antragstellers Stundensätze von 42 EUR (wie in einer früheren Rechnung der Fa. ....) für den Kläger und 38 EUR für dessen Mitarbeiter Ehrich als üblich anzusehen waren, lag der für beide berechnete und eingeklagte Stundensatz von 49 EUR weit unter der "Grenze des Doppelten" (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. [2008], § 138 Rdnr. 67; vgl. auch OLG Frankfurt und AG Frankfurt am Main WuM 2002, 320 und 616, jeweils zu Schlüsseldiensten) von 84 EUR (Kläger) und 76 EUR (.........), ab der strafbares Handeln in Betracht kommen konnte. Mangels Haupttat ist der auf den Stundensatz bezogene Vorwurf der Beihilfe zum (versuchten) Prozessbetrug durch den Beschuldigten damit gegenstandslos.

b)

Stundenzahl (20 Stunden...

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