Leitsatz (amtlich)
1. Das Einvernehmen der Beteiligten über den Umgang mit einem Kind im Sinne des § 156 Abs. 2 FamFG muss im Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts über die Billigung des Vergleichs (noch) vorliegen. Eine zunächst erteilte Zustimmung eines Beteiligten ist bis zu der gerichtlichen Billigung grundsätzlich frei widerruflich. Der Widerruf des Beteiligten muss dabei nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch aus den nach außen zutage getretenen Umständen ergeben.
2. Hat das Amtsgericht einen Umgangsvergleich gebilligt, obwohl ein Einvernehmen der Beteiligten im Sinne des § 156 Abs. 2 FamFG nicht (mehr) bestand, kann die Sache auf die hierauf gestützte Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG an das Ausgangsgericht zurückverwiesen werden, weil mit dem Wegfall eines verfahrensabschließenden gerichtlich gebilligten Vergleichs nach § 156 Abs. 2 FamFG noch "in der Sache", also über das verfahrensgegenständliche Umgangsbegehren zu entscheiden ist.
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 268 F 144/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - D. vom 6. Juli 2017 einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben, soweit mit ihm die Umgangsvereinbarung vom 12. Januar 2016 familiengerichtlich gebilligt und eine Kostenentscheidung getroffen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung - auch über die erstinstanzlichen Kosten - an das Amtsgericht D. zurückverwiesen.
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Gründe
I. Die 1972 geborene Antragstellerin und der 1977 geborene Antragsgegner heirateten im April 2012 und leben seit Mitte Mai 2015 voneinander getrennt. Seit dem 15. November 2016 sind sie rechtkräftig geschieden. Aus ihrer Ehe ist die Tochter S. hervorgegangen, die seit der Trennung der Beteiligten im Haushalt der Antragstellerin lebt und von dieser betreut und versorgt wird. Mit Antrag vom 18. September 2015 hat die Antragstellerin eine gerichtliche Regelung zum Umgang des Antragsgegners mit dem gemeinsamen Kind begehrt.
Im Termin des Amtsgerichts vom 12. Januar 2016 schlossen die beteiligten Kindeseltern eine Umgangsvereinbarung, wonach der Antragsgegner das Recht und die Pflicht hat, mit dem Kind jeden Sonntag für drei Stunden ... in Begleitung der Großmutter den Umgang auszuüben. Wegen der weitergehenden Umgangsvereinbarung wird auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts vom 12. Januar 2016 verwiesen. Eine ausdrückliche Erklärung des Familiengerichts dazu, ob es die getroffene Vereinbarung gemäß § 156 Abs. 2 FamFG billigt, enthält das Protokoll nicht.
Anfang März 2017 hat der Antragsgegner im hiesigen Verfahren einen Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln gegen die Antragstellerin gestellt, nachdem die Antragstellerin geltend gemacht hatte, dass der Umgang nach ihrem Umzug ... zukünftig nicht mehr in D., sondern "dort in einer geeigneten Einrichtung" stattfinden müsse. Das Amtsgericht hat daraufhin zunächst Ordnungsmittel gegen die Antragstellerin verhängt, diesen Beschluss dann aber auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die sie u.a. mit einer fehlenden gerichtlichen Billigung der Umgangsvereinbarung gemäß § 156 Abs. 2 FamFG begründet hat, aufgehoben; ferner hat es mit demselben Beschluss die "gerichtlich protokollierte Umgangsvereinbarung vom 12.01.2016 ... familiengerichtlich genehmigt".
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie näher ausführt, aus welchen Gründen die damals getroffene Umgangsvereinbarung nicht mehr dem Wohl des Kindes entspreche.
Der Antragsgegner, der Verfahrensbeistand und das Jugendamt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf die diesbezüglichen schriftlichen Ausführungen wird verwiesen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin hat den aus dem Tenor dieser Entscheidung ersichtlichen (vorläufigen) Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts ist aufzuheben. Über das Begehren (im Zweifel beider Elternteile) auf Regelung des Umgangs zwischen dem Antragsgegner und dem Kind muss das Amtsgericht erneut befinden.
1. Ohne dass es für die hier zu treffende Entscheidung noch auf Weiteres ankommt, ist die mit dem Rechtsmittel der Antragstellerin angegriffene gerichtliche Billigung der Umgangsregelung vom 12. Januar 2016 schon deshalb aufzuheben, weil sie allenfalls dann ausgesprochen werden darf, wenn im Billigungszeitpunkt noch das erforderliche Einvernehmen der Beteiligten besteht. Dies ist hier nicht der Fall.
a. Das Einvernehmen der Beteiligten muss im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über die Billigung gemäß § 156 Abs. 2 FamFG tatsächlich vorliegen. Eine zuvor erteilte Zustimmung ist bis dahin widerruflich (vgl. Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 3. Auflage, § 156 Rn. 55; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Auflage, § 1684 Rn. 12). Denn nur das tatsächlich fortbestehende Einvernehmen rechtfertigt die nach § 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG gegenüber §§ 1684, 1697 a BGB beschränkte Kindeswohlprüfu...