Leitsatz (amtlich)
1. Die nicht existente Partei ist in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als parteifähig zu behandeln, als sie ihre fehlende Existenz geltend macht, und kann die zur Klärung erforderlichen Aufwendungen, die einem Dritten, der für die nicht existente Partei in einem für zulässig erachteten Verfahren tätig wurde, als notwendige Verfahrenskosten festsetzen lassen.
2. Lassen die unbekannten Erben des Beklagten den Kläger über den Tod zu lange im Unklaren, können sie Verfahrenskosten, die bei rechtzeitiger Anzeige nicht mehr entstanden wären, nicht als notwendige Kosten gegen den unterlegenen Kläger festsetzen lassen.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104, 50
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 19.08.2011; Aktenzeichen 3 O 108/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal -Rechtspflegerin- vom 19.8.2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 1.8.2011 sind von den Klägern als Gesamtschuldnern 224,91 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.8.2011 an die unbekannten Erben des früheren Beklagten zu erstatten.
Das weiter gehende Kostenfestsetzungsgesuch wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die unbekannten Erben des Beklagten als Gesamthandschuldner.
Beschwerdewert: 345,58 EUR
Gründe
I. Der Beklagte ist am 11.2.2011 verstorben. Die Kläger beantragten gegen ihn am 24.2. den Erlass eines Mahnbescheids über 5.275,86 EUR nebst Zinsen und Kosten. Nachdem der Mahnbescheid am 4.3.2011 nicht durch Übergabe möglich war, hat der Postbedienstete den Mahnbescheid in den zur Wohnung des verstorbenen Beklagten (im Folgenden: Beklagter) gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt. Am 15.3.2011 haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten "namens und im Auftrage des Antragsgegners" gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt, ohne auf das Ableben ihres Mandanten hinzuweisen.
Die Kläger zahlten auf Anforderung des Mahngerichts (AG Hagen) die weiteren Kosten des Verfahrens ein. Dann wurde der Rechtsstreit zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das LG Wuppertal abgegeben. Nachdem die Kläger den geltend gemachten Anspruch begründet hatten, teilten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit, dass dieser "mittlerweile" verstorben sei und das Verfahren unterbrochen sei. Erst mit Schriftsatz vom 16.5.2011 offenbarten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten dessen Todesdatum.
Nachdem die Kläger die Klage zurückgenommen hatten, hat ihnen das LG die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben 570,49 EUR, davon 224,91 EUR für das Mahnverfahren und 345,58 EUR für das streitige Verfahren, zzgl. Prozesszinsen zur Festsetzung angemeldet. Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das LG - Rechtspflegerin - dem Kostenfestsetzungsantrag gemäß angeordnet, die Kläger hätten den geltend gemachten Betrag in vollem Umfang "an den Beklagten" zu erstatten.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger mit dem Ziel einer Ermäßigung um 345,58 EUR, den Kosten des streitigen Verfahrens. Sie machen geltend, diese Kosten seien nicht notwendig gewesen. Hätten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Mahnverfahren den Tod ihres Mandanten angezeigt, hätten sie weitere Gebühren nicht eingezahlt und die Abgabe des Verfahrens an das LG Wuppertal wäre unterblieben. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zugunsten der Kläger ist der Kostenfestsetzungsbeschluss auf 224,91 EUR herabzusetzen, weil die unbekannten Erben des Beklagten die Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten im streitigen Verfahren nicht erstattet verlangen können.
1. Die für "den Beklagten" - tatsächlich und rechtlich für die unbekannten Erben - geltend gemachten Anwaltsgebühren sind nicht als notwendige Kosten i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO anzuerkennen.
a) Schon der Mahnbescheid war von Anfang an gegen eine nicht existente Partei, den vor der Antragstellung verstorbenen Beklagten gerichtet. Dieser konnte deshalb Prozesshandlungen nicht mehr vornehmen, insbesondere nicht einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragen. Anwaltskosten konnten ihm deshalb nicht entstehen. Das Mahngericht hätte den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids in Kenntnis der fehlenden Existenz des Beklagten als unzulässig abweisen müssen (vgl. zur Klage BGHZ 24, 91 = NJW 1957, 989). Der gegen eine vor Beginn des Mahnverfahrens verstorbene Partei erwirkte Mahnbescheid ist wirkungslos (vgl. zum Urteil gegen eine nicht existente Partei BGH WM 2000, 260; MDR 1959, 121; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Vor § 50 Rz. 11). Dass seine Prozessbevollmächtigten hier Widerspruch eingelegt haben, beruhte auf der ihnen zu Lebzeiten erteilten Vollmacht, die ihre Wirkung gem. § 86...