Leitsatz (amtlich)
›Der Kraftfahrzeughändler, der eine Teilkaskoversicherung für die mit einem rotem Kennzeichen versehenen Fahrzeuge unterhält, hat den Diebstahl eines am Wochenende mit dem rotem Kennzeichen überführten und vor seinem Betriebsgelände abgestellten PKW grob fahrlässig herbeigeführt, wenn er die zugehörigen Schlüssel und den Fahrzeugschein von dem Fahrer durch einen in der Glastüranlage seines Betriebs in etwa 80 cm Höhe angebrachten Briefschlitz mit der Aufschrift "24 Stunden Annahme" hat einwerfen lassen, so daß sie auf den Boden fielen, und am Montag der Wagen, die Schlüssel und der Fahrzeugschein nicht mehr vorgefunden wurden.‹
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 6 O 46/98) |
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer bei dieser für das rote Kennzeichen unterhaltenen Fahrzeugteilversicherung auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes eines PKW S in Anspruch.
Dieses Fahrzeug erwarb die Klägerin, die als S Vertragshändlerin auch mit Gebrauchtfahrzeugen handelt, bei der S L GmbH in H r. Der Zeuge L, ein Aushilfsfahrer des mit der Überführung des PKW beauftragten Unternehmens, stellte diesen in den Abendstunden des 04.10.1997 vor dem Betriebsgelände der Klägerin in einer Reihe parkender Fahrzeuge ab. Während der Überführungsfahrt war das rote Nummernschild an dem PKW angebracht.
Üblicherweise werden bei der Klägerin keine Fahrzeuge zur Nachtzeit oder am Wochenende angeliefert. Angekaufte Leasingfahrzeuge wurden hingegen manchmal am Wochenende oder spät abends vor dem Betriebsgelände der Klägerin abgestellt. Mit dem Überführungsunternehmen war vereinbart, daß sowohl Schlüssel als auch Papiere durch den Briefschlitz geworfen werden, der sich in der mit Glasfüllungen versehenen Türanlage des Ladenlokals befindet, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Vereinbarung bestand, Schlüssel und Papiere im geschlossenen Umschlag einzuwerfen. Der Zeuge L warf die Schlüssel und Fahrzeugschein ohne Umschlag durch den Briefschlitz. Dieser befand sich in ungefähr 80 cm Höhe und war durch eine äußere und eine innere Klappe verdeckt. Auch letztere Klappe konnte ohne weiteres von außen geöffnet werden. Auf der vorderen Abdeckklappe wie auf der Scheibe oberhalb des Briefeinwurfs befand sich die Aufschrift "24 Stunden Annahme". Eingeworfene Gegenstände fielen gut sichtbar auf den Boden des Ladenlokals. Zur näheren Beschreibung der Örtlichkeit wird auf die Lichtbilder Blatt 11 und 12 der Akten Bezug genommen.
Zwischen dem Abstellen des PKW am Abend des Samstag, 4. Oktober 1997, und der Öffnung des Geschäftsbetriebes am Montag, 6. Oktober 1997, entwendete ein Dieb Schlüssel, Fahrzeugschein und den PKW.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei eintrittspflichtig. Grobe Fahrlässigkeit falle ihr, der Klägerin nicht zur Last. Der Täter habe ein professionelles Greifwerkzeug verwenden müssen. Erstmals seien Schlüssel und Papiere ohne Briefumschlag eingeworfen worden. Zu einem Diebstahl in ähnlicher Art und Weise sei es zuvor nie gekommen.
Sie hat behauptet, der Wert des PKW betrage DM 42.347,00.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 42.047,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Juli 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe den Diebstahl grob fahrlässig herbeigeführt, was zur Leistungsfreiheit nach § 61 VVG führe. In der Automobilbranche sei bekannt gewesen, daß es nach der Rechtsprechung grob fahrlässig sei, Schlüssel so zu deponieren, daß Dritte sie unschwer erreichen könnten. Jedem müsse die Gefährlichkeit dieses Tuns einleuchten.
Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei gemäß § 61 VVG leistungsfrei.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Sie trägt vor, der Versicherungsfall sei nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Den zu fordernden Sicherheitsstandard habe sie nicht deutlich unterschritten. Zweifelhaft sei, ob ihr Verhalten für den Diebstahl kausal gewesen sei. Mit einem Diebstahl habe sie nicht rechnen müssen. Das "Herausangeln" der Schlüssel und der Papiere aus dem Ladenlokal habe eine erhöhte verbrecherische Energie erfordert. Jedenfalls fehle es im subjektiven Bereich an einem erheblichen Verschulden.
Sie behauptet, sie müsse DM 42.347,00 aufwenden, um ein gleichwertiges Fahrzeug zu beschaffen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 42.047,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 27. Juli 1998 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt insbesondere vor, auch die Anweisung, Schlüssel und Papiere nur in einem Umschlag einzuwerfen, sei nicht ausreichend, um das Verhalten der Klägerin im milderem Licht erscheinen zu lassen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagt...