Leitsatz (amtlich)
Der zur Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug berechtigte Käufer kann vom Verkäufer Rückzahlung des Kaufpreises abzgl. von Nutzungsvorteilen verlangen, deren Höhe sich im Regelfall nach der anerkannten Formel für die zeitanteilige lineare Wertminderung (Gebrauchtkaufpreis × zurückgelegte Kilometer: erwartbare Restlaufleistung) berechnet, wobei allerdings der verbliebene Zeitwert des Kraftfahrzeuges die Obergrenze ("Kappungsgrenze") für den Ersatz von Nutzungsvorteilen darstellt.
Normenkette
BGB §§ 433, 346 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 03.11.2012; Aktenzeichen 4 O 268/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3.11.2012 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Duisburg unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.323 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 5.7.2011 an zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren: bis zu 26.000 EUR
Gründe
I. Die Klägerin fordert von der Beklagten nach Rückgabe des von ihr erworbenen Kraftfahrzeuges Erstattung des Kaufpreises abzgl. Nutzungsentschädigung sowie Schadenersatz.
Sie erwarb aufgrund Bestellung vom 10.1.2005 von der Beklagten einen "Dienstwagen" BMW X5 3.0d A, Erstzulassung am 14.6.2004 mit 14.890 km zum Kaufpreis von 53.740 EUR mit der unstreitigen Angabe "unfallfrei".
Am 16.6.2011 verkaufte die Klägerin das Kraftfahrzeug mit einer Laufleistung von ca. 150.000 km zum Kaufpreis von 19.040 EUR an einen Weißrussen. Der Käufer trat zurück, weil er einen (erheblichen) Unfallschaden auf der linken Fahrzeugseite festgestellt hatte. Die Klägerin erstattete den Kaufpreis sowie Kosten für Hotel und Flug (283 EUR).
Nachdem die Klägerin den Kaufvertrag zunächst wegen arglistiger Täuschung angefochten und die Beklagte unter Anrechnung einer näher berechneten Nutzungsentschädigung zur Zahlung von 24.721 EUR aufgefordert hatte, stellte sie das Kraftfahrzeug am 4.7.2011 bei der Beklagten ab.
Die Beklagte ließ mit Schreiben vom 5.7.2011 die Klägerin auffordern, das Kraftfahrzeug wieder abzuholen, und wies sodann mit Schreiben vom 16.7.2011 darauf hin, in der Angelegenheit bedürfe es einer Klärung, die Nutzungsentschädigung sei anders zu berechnen. Sie errechnete einen Betrag von 72.549 EUR und meinte, es ergebe sich ein Betrag, der für die Rückabwicklung der Klägerin wenig von Bedeutung sein werde.
Auf die Mitteilung der Klägerin mit Schreiben vom 19.7.2011, es freue sie, dass die Beklagte zwischenzeitlich dem Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs dem Grunde nach zustimme, und das Angebot einer Erledigung im Wege des Vergleichs bei Zahlung von 21.000 EUR bot die Beklagte mit Schreiben vom 26.7.2011 Zahlung von 16.000 EUR an.
Im Verlaufe des anschließenden Klageverfahrens veräußerte die Beklagte im März 2012 das Kraftfahrzeug bei einem km-Stand von 149.940 EUR für 16.700 EUR.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 24.721 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.7.2011 sowie zur Zahlung weiterer 283 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.479,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.7.2011 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat u.a. vorgetragen, der Rücktritt - so wie von der Klägerin erklärt - solle akzeptiert werden. Der einzige Streitpunkt der Parteien sei die Höhe der Nutzungsentschädigung.
Das LG hat - nach Beweisaufnahme über die Behauptung der Klägerin, das Kraftfahrzeug habe bei ihr keinen Unfall erlitten - die Klage abgewiesen.
Die Parteien hätten einen stillschweigenden Aufhebungsvertrag geschlossen. Dennoch könne die Klägerin Zahlung von der Beklagten nicht verlangen, weil die gezogenen Nutzungen den Kaufpreis weit überstiegen.
Schadenersatz könne die Klägerin nicht verlangen, weil sie nicht habe beweisen können, dass das Kraftfahrzeug bei Übergabe einen Sachmangel gehabt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Sie meint, die Beklagte sei mit der Rückabwicklung einverstanden gewesen. Das LG habe die anzurechnenden Gebrauchsvorteile falsch berechnet. Die Beklagte habe zumindest den Wert des Kraftfahrzeuges im Zeitpunkt der Rückgabe zu erstatten.
Sie beantragt zuletzt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zur Zahlung von 19.323 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpun...