Leitsatz (amtlich)
1. Derjenige, der das Dienstverhältnis nach § 626 BGB fristlos kündigt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB.
2. Zu den Voraussetzungen des § 627 BGB.
Normenkette
BGB §§ 615, 626-627
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 12.03.2009; Aktenzeichen 3 O 43/09, 3 O 386/08) |
Tenor
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 12.3.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.132 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.391 EUR seit dem 20.7.2008 sowie aus weiteren 3.391 EUR seit dem 20.8.2008, sowie aus jeweils weiteren 3.391,50 EUR seit dem 20.9.2008, 20.10.2008, 20.11.2008, 20.12.2008, 20.1.2009, 20.2.2009, sowie aus 507,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit leistet i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Gründe
I. Die Klägerin macht die Vergütung aus einem Dienstleistungsvertrag vom 14.3.2006 (GA 6) geltend. Gegenstand des Dienstleistungsverhältnisses war die zur Verfügungstellung einer von der Klägerin entwickelten Software zur Erfassung und Abrechnung der Lieferantenrechnungen der Beklagten. Dabei gingen die Rechnungen der Lieferanten der Beklagten direkt an eine zentrale Erfassungsstelle der Klägerin, die sie in ein EDV-System einspeiste und der Beklagten zur Verfügung stellte. Hierdurch wurde einerseits die steuerliche Bearbeitung und andererseits die betriebswirtschaftliche Analyse für die Beklagte erleichtert. Als Vergütung vereinbarten die Parteien einen monatlichen Betrag von 2.850 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Die Klägerin erbrachte ihre Leistungen beanstandungsfrei, die Beklagte zahlte regelmäßig die vereinbarte Bruttovergütung i.H.v. 3.391,50 EUR je Monat.
Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 22.4.2008 der Beklagten mitgeteilt hat, dass ihr Geschäftsführer ... ausgeschieden sei und dass die Dienstleistung im Folgenden nicht durch sie, sondern durch ihr Schwesterunternehmen, die Firma C-GmbH erbracht würde, hat die Beklagte das Dienstverhältnis mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 23.6.2008 (GA 9) u.a. unter Berufung auf die Einleitung des Liquidationsverfahrens bei der Klägerin gekündigt. Die Klägerin hat der Kündigung widersprochen. Seit dem 1.7.2008 hat die Beklagte eine Vergütung an die Klägerin nicht mehr gezahlt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich eingeklagt die Vergütungen für die Monate Juli 2008 und August 2008 sowie weitere 507,50 EUR jeweils nebst Zinsen zum Ersatz der ihr für ihre Bevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG der Klage stattgegeben. Es hat eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten nach § 627 BGB verneint, weil es sich bei der von der Klägerin geschuldeten Dienstleistungen nicht um solche höherer Art gehandelt habe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, im Wege der Anschlussberufung beantragt sie klageerweiternd, die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 20.349 EUR (Vergütung 9/08 - 2/09) nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.391,50 EUR seit dem 20.9.2008, 20.10.2008, 20.11.2008, 20.12.2008, 20.1.2009 sowie 20.2.2009 zu zahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (GA 57 f.) und die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien in der Berufungsinstanz verwiesen.
II. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig (§§ 511, 517, 519, 520, 524 ZPO); jedoch ist nur die Anschlussberufung der Klägerin begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, die mit Dienstvertrag vom 14.3.2006 vereinbarte monatliche Vergütung, die unstreitig mit 3.391,50 EUR brutto vereinbart worden war, auch für die Monate Juli 2008 bis einschließlich Februar 2009 zu zahlen. Die von der Beklagten mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 23.6.2008 ausgesprochene fristlose Kündigung ist unwirksam. Die gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung des Dienstverhältnisses zum 28.2.2009 hat das Dienstverhältnis entsprechend § 9 Abs. 4 des Dienstvertrages zu diesem Zeitpunkt beendet.
Der Beklagten stand ein fristloses Kündigungsrecht gem. § 627 Abs. 1 BGB nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin nach dem Vertrag verpflichtet war, Dienste ...