Leitsatz (amtlich)
Zur Wohngebäudeversicherung:
1. Nach § 7 Nr. 1b VGB 62 bemisst sich bei der Reparatur einer teilbeschädigten Sache der Umfang der zu entschädigenden Reparaturkosten nach den Geboten der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Entscheidend ist, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer investiert hätte.
Deshalb kann der versicherte Gebäudeeigentümer nicht die Kosten für die komplette Neuverfliesung eines einheitlich verfliesten Badezimmers verlangen, wenn dies außer Verhältnis zu der optischen Beeinträchtigung steht, die verbleibt, wenn nur der beschädigte Fußboden neu verfliest wird.
2. Anders ist es, wenn die Kosten einer kompletten Neuverfliesung die Aufwendungen für den Austausch der beschädigten Fliesen und eines daneben zu gewährenden Ausgleichs für den verbleibenden Minderwert nicht wesentlich übersteigen, weil sich dann auch ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer für die komplette Neuverfliesung entscheiden würde.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 07.04.2005; Aktenzeichen 11 O 321/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.4.2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.508,51 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Nach einem Rohrbruch im Badezimmer seines Hauses nimmt der Kläger die Beklagte, bei der er eine Wohngebäudeversicherung auf der Grundlage der VGB 62 unterhält, auf Ersatz des Fliesenschadens in Anspruch.
Da Fliesen gleicher Art wie die beschädigten nicht zu beschaffen waren, vertritt er den Standpunkt, die Beklagte habe für die Kosten einer kompletten Neuverflie-sung aufzukommen. Eine auf den Austausch beschädigter Fliesen beschränkte Reparatur sei ihm nicht zumutbar, weil er eine Versicherung zum Neuwert abgeschlossen habe.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die zur Reparatur benötigten Fliesen hätten zerstörungsfrei im Bereich der Dusche aufgenommen und in den Boden eingefügt werden können. In dem Fall hätte nur noch die Wand der Dusche neu verfliest werden müssen. Die dabei auftretenden Farbunterschiede seien gegen Zahlung eines Wertausgleichs - hier i.H.v. 300 EUR - hinzunehmen.
Dieser Argumentation hat sich das LG angeschlossen und dem Kläger auf der Grundlage der Berechnung der Beklagten eine Entschädigung i.H.v. nur 4.090 EUR zugesprochen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuverfliesung, die sich insgesamt auf 7.508,51 EUR belaufen haben, weiter.
II. Die Berufung hat Erfolg.
Nach § 7 Nr. 1b VGB 62 hat die Beklagte bei Beschädigung versicherter Sachen für die Kosten der Reparatur, höchstens jedoch für den Versicherungswert der betroffenen Teile, aufzukommen. Bei der Reparatur einer teilweise beschädigten Sache bemisst sich der Umfang der zu entschädigenden Reparaturkosten nach den Geboten der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Entscheidend ist, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer investiert hätte. Deshalb kann der Versicherungsnehmer nach der Rechtsprechung nicht die Kosten für die komplette Neuverfliesung eines einheitlich gefliesten Badezimmers verlangen, wenn dies außer Verhältnis zu der optischen Beeinträchtigung steht, die verbleibt, wenn z.B. nur der beschädigte Fußboden neu verfliest wird (OLG Düsseldorf v. 3.8.1993 - 4 U 243/92, OLGReport Düsseldorf 1994, 7 = VersR 1994, 670; OLG Köln r+s 2005, 422m. ablehn. Anm. d. Schriftleitung; AG Amberg NVersZ 2001, 91; Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 VGB 62 Rz. 1). Von diesen rechtlichen Erwägungen hat sich auch der Einzelrichter leiten lassen. Nicht gefolgt werden kann ihm jedoch, soweit er angenommen hat, bei der vom Kläger veran-lassten kompletten Neuverfliesung des Bades handele es sich um eine Luxussanierung, für die die Beklagte nicht mehr aufzukommen habe.
Bei seiner Vernehmung durch das LG hat der örtliche Geschäftsstellenleiter der Beklagten, der Zeuge D., bekundet, er habe dem Kläger vorgeschlagen, Bodenfliesen durch eine Fachfirma vorsichtig ablösen und im Wandbereich der Dusche neu einsetzen zu lassen. Anschließend solle der Boden vollständig neu gefliest werden (GA 74). Wenn der Kläger dann noch einen Ausgleich für den durch die unterschiedliche Verfliesung von Wänden und Boden bedingte Wertminderung erhalten hätte, wäre das möglicherweise eine angemessene Lösung gewesen, die auch der Fallgestaltung in dem angesprochenen Urteil des Senats entsprochen hätte. Davon ist die Beklagte bei der von ihr unter dem 23.10.2003 vorgenommenen Abrechnung (GA 12) jedoch abgewichen. Stattdessen sollten nach einem von ihr vorgestellten speziellen Verfahren (GA 40) Wandfliesen im Bereich der Dusche zerstörungsfrei aufgenommen und im Bodenbereich neu verarbeitet werden. Das hätte jedoch dazu geführt, dass sich Farbabweichungen zwischen den Wandfliesen ergeben hätten. Ob das - bei einem angepassten Wertausgleich - noch zumutbar ist, ist z...